Banken:Sparkasse gegen Bürgermeister

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Auf das rote "S" und ihre Marke sind die Sparkassen stolz. Auch ihren Kapitalschatz verteidigen sie eisern.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

In Düsseldorf zoffen sich Geldhaus und Stadt darüber, was mit den Gewinnen passiert: Die einen wollen sich für harte Zeiten wappnen, die anderen höhere Ausschüttung. Es ist ein Streit mit Signalwirkung.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Was haben die Menschen eigentlich von ihrer Sparkassen am Ort? Sie können dort ein Konto eröffnen oder einen Kredit für Haus oder Firma beantragen. Außerdem erwirtschaften Sparkassen in der Regel Gewinne, die sie wiederum für Sport und Kulturelles in der Gemeinde spenden. Alternativ können sie diese Gewinne aber auch einfach an ihre Eigentümer, also die Kommune, ausschütten. Diese kann sie dann für ihren Haushalt verwendet.

Das klingt nach einer einfachen Mechanik, ist es aber nicht immer. In Düsseldorf ist nun ein Streit entbrannt, der Strahlkraft über die Stadt hinaus haben könnte und ins Mark der Sparkassenorganisation geht. Dort nämlich weigert sich der örtliche Sparkassenchef schon seit Wochen, einen Teil der Gewinne an die Stadt auszuschütten. Es geht um wichtige Fragen: Wer entscheidet eigentlich über die Gewinne einer Sparkasse? Und was passiert, wenn ein Bürgermeister gegen den Willen des Vorstands auf eine Ausschüttung dringt?

Konkret will Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) durchsetzen, dass die Sparkasse 26 Millionen Euro von den insgesamt fast 140 Millionen Euro ausschüttet, die sie 2014 verdient hat. Ein Teil davon stammt aus dem Verkauf einer Beteiligung. Die Stadt war zuletzt schuldenfrei, man will es auch bleiben - die Ausschüttung wäre dabei eine Hilfe. Die Sparkasse, die auch nach der Ausschüttung noch eine Kernkapitalquote von 14,7 Prozent hätte, hält Geisel für "übersichert". Bis 2019 muss sie nach den neuen strengen Eigenkapitalregeln 13 Prozent vorweisen.

Vorstandschef Arndt Hallmann hingegen will, unterstützt von seinem Verwaltungsrat, den Gewinn auf Biegen und Brechen in die Rücklagen einstellen, das sei "keine beliebige Übung", sondern "zwingend notwendig, wenn man Interesse an einer stabilen Sparkasse Düsseldorf haben will". Inzwischen hat sich das Ganze zu einem Showdown verschiedener Rechtsauffassungen hochgeschaukelt: Beide Seiten sind bewaffnet mit Gutachten von zwei der wohl profiliertesten deutschen Anwaltskanzleien (Freshfields für Geisel und Hengeler Mueller für Hallmann).

Andere Kommunen beobachten den Schlagabtausch mit großem Interesse

Und klar ist auch, dass viele Sparkassen und Kommunen den Streit interessiert verfolgen. Auch in Essen, Remscheid oder in mancher bayerischen Kommune gibt es eine Diskussion über den Beitrag der Kassen zum Gemeindehaushalt. Denn Sparkassenvorstände sind in der Regel lieber zu knausrig als zu freigiebig gegenüber ihrem Träger. Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, sagte jüngst: "Höhere Ausschüttungen an kommunale Träger sind aus unserer Sicht nicht vertretbar."

Weil die Bankenaufseher im Licht der Finanzkrise immer höhere Kapitalreserven verlangen, kann den Sparkassen das Polster selten zu dick sein. Die Argumente gegen Ausschüttung gehen ihnen daher kaum aus: Weil der Zugang zum Aktienmarkt fehle und somit die Chance, Kapital anderweitig aufzustocken, seien sie gezwungen, Rücklagen zu bilden, um neue Darlehen zu vergeben und Wachstum zu finanzieren. Auch die strengeren Kapitalanforderungen von Basel III und die bedrohliche Ertragssituation in Zeiten von Magerzinsen haben Gewicht. Und wer dann immer noch von ihnen verlange, mehr Gewinne auszuschütten, drehe dem Mittelstand den Kredithahn ab oder sei schuld daran, dass Filialen geschlossen werden müssten.

Seit Jahren schon stärken die Sparkassen ihr Finanzpolster, meist stellen sie jährlich um die drei Milliarden Euro in die Rücklagen ein. Diesen Schatz können sie vor allem daher so gut verteidigen, weil sie die Gemeinden als Träger anerkennen, nicht aber als Eigner, denen Verzinsung zusteht. Die Sparkassen sagen: Wir haben unser Kapital selbst erwirtschaftet, also gehören wir uns selbst. Über die Höhe der gesamten Gewinnausschüttungen gibt es in der Regel noch nicht einmal Angaben.

Ihre Sonderstellung begründen sie zudem damit, dass sie in den Kommunen für Gemeinnütziges spenden. In der Tat ist das mehr, als sie ausschütten. 2014 waren es gut 500 Millionen Euro. Doch was nobel wirkt, schafft auch Abhängigkeiten. Denn über den Einsatz der Spenden entscheidet der Sparkassenvorstand oft allein oder zumeist zusammen mit dem Bürgermeister, der in der Regel dem Verwaltungsrat vorsteht. Dass das entgleisen kann, zeigte vergangenes Jahr der Fall der Sparkasse Miesbach-Tegernsee. Die Spendenexzesse des Ex-Vorstands zogen sogar Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach sich. Weil aber das Machtgefüge in vielen Kommunen sensibel austariert wird, kommt es selten zu einem offenen Schlagabtausch wie in Düsseldorf, obwohl gerade in Nordrhein-Westfalen viele Kommunen klamm sind. Meist einigen sich Bürgermeister und Vorstand ohne Aufsehen über die Gewinnverwendung.

Doch warum steht überhaupt zur Debatte, wer über die Gewinne entscheidet? Bei normalen Kapitalgesellschaften ist die Sache nämlich klar: Da entscheiden die Eigentümer über die Verwendung des Überschusses. Doch für Banken und Sparkassen gibt es seit Mitte der 1980er-Jahre eine Ausnahme: Damals entschied der Gesetzgeber, dass Bankvorstände Reserven bilden dürfen, wenn dies "wegen besonderer Risiken notwendig" ist, wie es noch heute im Handelsgesetzbuch heißt.

Bürgermeister Geisel bestreitet nun jedoch genau diese Notwendigkeit. Er glaubt daher nicht, dass der Vorstand des Instituts nach freiem Ermessen entscheiden kann. Nun droht der Bürgermeister sogar, den Jahresabschluss zu beanstanden, ihn also nicht zu unterschreiben - ein Novum in der Sparkassengeschichte. Gut möglich, dass der Fall sogar vor Gericht landet.

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