NSA-Affäre:Ermittlungsbeauftragter soll NSA-Selektorenliste einsehen dürfen

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  • Ein Ermittlungsbeauftragter soll Einsicht in die geheime Späh-Liste der NSA erhalten. So der Plan der Bundesregierung.
  • Der NSA-Ausschuss des Bundestags darf demnach einen entsprechenden Vermittler vorschlagen und mit einem Fragenkatalog ausstatten.
  • Mit diesem Schritt will die schwarz-rote Koalition offenbar Forderungen des Parlaments entgegenkommen. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass dies der Opposition reicht.
  • BND-Präsident Gerhard Schindler muss dem Ausschuss heute ab 15 Uhr in öffentlicher Sitzung Rede und Antwort stehen.

Bundesregierungspläne zu Sonderermittler

Die Bundesregierung will einen Ermittlungsbeauftragten zur Einsicht in die geheime Liste mit Ausspähzielen des US-Geheimdienstes NSA einsetzen. Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages soll eine entsprechende hochrangige Person etwa aus dem Justizbereich benennen und mit einem Fragenkatalog ausstatten. Dieser Vorschlag wird dem Untersuchungsausschuss jetzt unterbreitet. Der Ausschuss tritt heute um 15 Uhr zu einer öffentlichen Sitzung zusammen, BND-Präsident Gerhard Schindler ist zur Vernehmung geladen.

Die Regierung soll anschließend über den Personalvorschlag der Parlamentarier entscheiden, so dass der Sonderermittler formal von der Regierung eingesetzt und ihr zugeordnet wird. Der Beauftragte soll Einblick in die umstrittene geheime Spionageliste erhalten, sie aber nicht weitergeben dürfen. Mit dieser Lösung will die Koalition aus Union und SPD dem Parlament entgegenkommen, ohne das bilaterale Geheimhaltungs-Abkommen mit den USA zu verletzen.

Erste Reaktionen aus dem NSA-Ausschuss

Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses äußerten sich verhalten bis ablehnend. Nina Warken, CDU-Obfrau im Ausschuss, forderte mehr als ein Vorschlagsrecht für die Abgeordneten. "Die Bundestagsseite muss die Person des Ermittlers benennen dürfen", sagte sie der SZ.

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SPD-Obmann Christian Flisek nannte den Vorschlag "konstruktiv". Doch auch er betonte Spiegel online zufolge, dass "der NSA-Untersuchungsausschuss die Person bestimmen" müsse. Der Sonderermittler solle das Vertrauen aller Fraktionen im Untersuchungsausschuss genießen. "Und wir bestimmen, was der Beauftragte untersuchen soll", so Flisek weiter.

Konstantin von Notz, Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen, lehnte die Lösung rundheraus ab. "Abgeordnete müssen unmittelbaren Zugang zu den Beweismitteln, in diesem Fall den Selektoren-Listen, bekommen. So sieht es das Gesetz explizit vor. Das ist der Kern parlamentarischer Kontrolle", teilte er mit. Der "durchsichtige Versuch" des Bundeskanzleramtes, eine genehme Mittelsperson dazwischen zu schalten", sei "inakzeptabel". Auch der Linksfraktion dürfte der Regierungsvorschlag nicht ausreichen.

Selektorenliste im Kanzleramt

Mit ihrem Vorschlag will die Regierung offenbar den Bundestag besänftigen, zugleich aber auch die USA nicht vor den Kopf stoßen. Nach einer völkerrechtlichen Vereinbarung darf US-Geheimdienstmaterial nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Landes an Personen weitergeleitet werden, die nicht der Regierung angehören. Bei dem Material, um das jetzt gestritten wird, geht es um eine Liste mit etwa 40 000 vom BND aussortierten Selektoren.

Im April war öffentlich geworden, dass die NSA gezielt nach Informationen etwa über den europäischen Rüstungskonzern EADS, den Hubschrauberhersteller Eurocopter oder französische Behörden gesucht haben soll. Die NSA schleuste dazu Suchbegriffe (Selektoren) in die Überwachungssysteme des BND ein.

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