Pipeline nach Europa:Monopoly ums Gas

  • Es ist eine überraschende Nachricht aus St. Petersburg: Die russische Gazprom will mit Eon, Shell und der OMV die Nord-Stream-Pipeline durch die Ostsee ausbauen.
  • Die Ostsee ist der einfachste Weg, um die Ukraine zu umgehen.
  • Völlig unklar bleibt dabei, ob die Leitungen wirtschaftlich notwendig sind.

Von Silvia Liebrich

Die Gasversorgung ist in Europa ein heikles Thema. Erst recht seit die politischen Beziehungen zwischen Russland und den westlichen Ländern durch den Ukraine-Konflikt merklich abgekühlt sind. Das macht den begehrten Rohstoff zu einem Drohstoff und den Bau neuer Gasleitungen zu einem Politikum.

Umso überraschender kommt da die Nachricht aus St. Petersburg, dass die russische Gazprom zusammen mit den Energieversorgern Eon, Shell und der österreichischen OMV den Bau von zwei weiteren Leitungssträngen durch die Ostsee vorantreiben will, also einen Ausbau der bestehenden Nord-Stream-Pipeline, einer wichtigen Gasleitung für Deutschland und andere westeuropäische Länder. Ein "unverbindliches Memorandum of Understanding" sei am Donnerstag unterzeichnet wurden, teilten die Firmen mit. Was nichts anderes bedeutet, als dass man im Gespräch, aber nichts beschlossen ist.

Noch nicht einmal Berlin weiß, wie ausgelastet die Leitungen sind

Das Projekt an sich ist auch nicht neu. Ein Ausbau ist bereits seit gut zwei Jahren im Gespräch. Die Ostsee wäre für Russland der einfachste Weg, die Ukraine zu umgehen, durch die wichtige Gasstränge nach Europa führen. Doch die Linie, die Gazprom bei Nord Stream und anderen Pipeline-Projekten verfolgt, ist undurchsichtig. Noch Anfang des Jahres ließen die Russen verlauten, dass Nord Stream vorerst nicht erweitert werden soll. Die bisherige Kapazität von 55 Milliarden Kubikmeter pro Jahr müsse reichen. Gazprom favorisierte stattdessen South Stream, eine Leitung, die durch Südosteuropa führen soll. Damit bootete der Konzern auch das Konkurrenzprojekt Nabucco aus.

Merkwürdig ist vor allem, dass völlig unklar ist, ob der Bau von gleich zwei zusätzlichen Nord-Stream-Leitungen wirtschaftlich überhaupt notwendig ist. Nach inoffiziellen Angaben ist die bestehende Leitung höchstens zu drei Viertel ausgelastet. Offiziell wollen sich die beteiligten Firmen nicht äußern. Auch vom Betreiber der Nord-Stream-Pipeline gibt es keine Auskunft. Noch nicht einmal im Wirtschaftsministerium in Berlin liegen Informationen zur Auslastung vor, wie eine Sprecherin sagte. Es sollte sich daher niemand wundern, wenn der Ankündigung von St. Petersburg keine Taten folgen werden.

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