Renten- und Familienpolitik:Junge Union fordert Sonderabgabe für Kinderlose

Lesezeit: 2 min

Bundesvorsitzender der Jungen Union, Paul Ziemiak. (Foto: dpa)
  • Die Junge Union fordert einen Kurswechsel in der Renten- und Familienpolitik.
  • Sie will eine Sonderabgabe für Kinderlose und ein 1000-Euro-Starterpaket für jedes Baby.
  • Außerdem verlangt die JU eine Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Sprache ist noch voller Pathos. "Aus heißer Liebe zum deutschen Volk" rufe die CDU alle "christlichen, demokratischen und sozialen Kräfte" zum Aufbau einer neuen Heimat auf. So steht es im Berliner Gründungsaufruf der Christdemokraten. Er datiert vom 26. Juni 1945, die CDU feiert deshalb in der kommenden Woche Geburtstag.

Die Partei hat zu einem Festakt und einer ganzen "Woche der CDU" geladen. "70 Jahre gemeinsam für Deutschlands Zukunft" lautet das Motto. Doch genau diese Zukunft macht der Jungen Union (JU) große Sorgen. Die Jugendorganisation der CDU ist für manches bekannt, besondere Unbotmäßigkeit gegenüber der Parteispitze gehört sicher nicht dazu. Umso erstaunlicher ist der Forderungskatalog, den JU-Chef Paul Ziemiak jetzt präsentiert.

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Die Junge Union fordert einen Kurswechsel in der Familien- und Rentenpolitik: Sonderabgabe für Kinderlose, ein 1000-Euro-Starterpaket für jedes Baby und eine Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Was können diese Maßnahmen bewirken?

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Die JU hat so viele Mitglieder wie Grüne und Linke zusammen

"Wir dürfen nicht nur Papiere produzieren, sondern müssen auch handeln", sagt Ziemiak der Süddeutschen Zeitung. Das gelte "vor allem für den demografischen Wandel, wir sprechen viel darüber, aber wir tun zu wenig". Die Legislaturperiode sei erst zur Hälfte vorbei, da dürfe "man das Regieren nicht einstellen", fordert der JU-Chef. Die CDU sei schließlich "an der Regierung, um zu regieren".

Die JU hat 117 000 Mitglieder und ist damit so stark wie Grüne und Linke zusammen. Sie stellt fast 30 Bundestagsabgeordnete und Tausende Mandatsträger in den Kommunen. Ziemiak will diese Kraft jetzt nutzen.

Junge Union fordert sofortige Abschaffung der Rente mit 63

Der JU-Chef fordert eine grundlegende Änderung des Rentensystems. "Es muss eine Verknüpfung zwischen Renteneintrittsalter und Lebenserwartung geben", sagt Ziemiak. Wenn die Lebenserwartung steige, verlängere sich bisher auch die Bezugsdauer der Rente, ohne dass die Versicherten dafür höhere Beiträge eingezahlt hätten. Dies müsse die CDU ändern. Die Junge Union wolle, dass zwei Drittel der zusätzlichen Lebenszeit angerechnet werden. "Wenn beispielsweise die durchschnittliche Lebenswartung der Jahrgänge von 1985 bis 1990 um drei Monate steigt, muss das Renteneintrittsalter für diese Jahrgänge um zwei Monate steigen", sagt Ziemiak.

"Wir empfehlen Griechenland und allen anderen EU-Staaten, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, aber in Deutschland haben wir es gesenkt", klagt der JU-Chef. Das könne nicht sein. Die Junge Union verurteile deshalb auch die Rente mit 63. Sie müsse sofort wieder abgeschafft werden.

Familiensplitting statt Ehegattensplitting

Die JU verlangt außerdem die Umwandlung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting. "Wir wollen nicht nur eine Erhöhung der Freibeträge, sondern ein echtes Familiensplitting", sagt Ziemiak. Die steuerliche Entlastung durch das Splitting solle sich also - anders als bisher - mit der Zahl der Kinder erhöhen. Außerdem fordert die Junge Union die Einführung eines "Starterpakets" für Eltern. Sie sollen für jedes Kind, das geboren wird, 1000 Euro vom Staat als Erstausstattung erhalten. "Wir wissen, dass das teuer wird", sagt Ziemiak. Aber es gehe "um das Wichtigste, nämlich, dass Kinder geboren werden - also um unsere Zukunft".

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Die Junge Union hat sich immer für einen schuldenfreien Haushalt ausgesprochen. Deshalb macht sie jetzt auch einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung ihrer Forderungen: Kinderlose sollen eine Sonderabgabe in Höhe von einem Prozent des Bruttoeinkommens zahlen. "Das wäre keine Benachteiligung, sondern nur ein Ausgleich", sagt Ziemiak. Eltern hätten enorme Ausgaben, die Kinderlose nicht hätten. Wegen der Mehrwertsteuer auf diese höheren Ausgaben würden Eltern bisher auch steuerlich schlechter gestellt als Kinderlose. Dies müsse die CDU ändern.

Kinderlose sollen ein Prozent ihres Einkommens zahlen

Die JU greift damit eine Forderung auf, die mehrere junge CDU-Bundestagsabgeordnete bereits vor drei Jahren erhoben haben. Die Abgeordneten hatten vorgeschlagen, Kinderlose vom 25. Lebensjahr an mit einem Prozent ihres Einkommens zur Kasse zu bitten. Die Abgabe sollte nach der Anzahl der Kinder gestaffelt werden. Kinderlose müssten voll zahlen, Eltern mit einem Kind die Hälfte, Eltern mit mehreren Kindern nichts.

Die Junge Union verlangt auch eine stärkere Beteiligung aller CDU-Mitglieder. "Künftig sollten nicht Delegierte, sondern alle Mitglieder über die Aufstellung der Kandidaten für den Landtag und den Bundestag entscheiden", sagt Ziemiak. Dies solle auch für alle Bürgermeisterkandidaten gelten.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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