Kritik:Märchenwelt im Mondenschein

Die Pasinger Fabrik zeigt Antonín Dvořáks Oper "Rusalka" als Kammerfassung. Der Abend wird getragen vom surrealen Bühnenbild samt Videoinstallation von Marc Molino

Von Klaus Kalchschmid

Antonín Dvořáks große durchkomponierte tschechische Oper "Rusalka" als Kammerstück auf einer Bühne, die keine zehn Meter breit und gerade mal 3,5 Meter hoch ist, das spätromantisch üppig besetzte Orchester in einer solistisch besetzten zehnköpfigen Kammerfassung und das Ganze auf Deutsch mit gesprochenen Dialogen? Geht das?

Ja, es geht - nach dem vielfach bewährten Muster von "Münchens kleinstem Opernhaus" in der Wagenhalle der Pasinger Fabrik! Den Abend trägt das surreale Bühnenbild à la Max Ernst (Bühnenkonzept, Textfassung, Regie: Julia Dippel) rund um einen riesigen Mond, den die Videoinstallation von Marc Molinos - sonst für La Fura dels Baus tätig - mal realistisch mit all seinen Kratern, mal animiert in sich rotierend oder ganz fahl einfärbt. Immer wieder anders leuchtet es hinter dem verwunschenen Geäst, glitzern Lichtreflexe, entsteht so wie selbstverständlich die geheimnisvolle Atmosphäre einer Märchenwelt, in der es nicht geheuer ist, in der eine Wassernixe sich in einen Prinzen verliebt und umgekehrt - und beide an ihrer unmöglichen Liebe zugrunde gehen.

Denn der junge Macho verliert schnell die Lust an der kühlen, vermeintlich frigiden, stummen Schönheit und wirft sich in die Arme einer "fremden Fürstin". Die ist - in der Premierenbesetzung - bei Ikumu Mizushima die Karikatur einer pelzbesetzten (fern-)osteuropäischen Schönheit, während Rusalka in der Menschenwelt ein rotes folkloristisch blumiges Mädchenkleid trägt, wie man es vielleicht auf einem böhmischen Volksfest in den 60er-Jahren zu sehen bekam. Der Prinz trägt schmucke Jägerkluft, während das Wasserkleid der Nixe und das des Wassermanns (Philipp Gaiser) ein bisschen den stilisierten Kostümen von Brünnhilde und Wotan vor einem halben Jahrhundert ähneln (Kostüme: Katharina Raif).

Doch diesen Eklektizismus lassen Andreas Stauber als Prinz und Ana Schwedhelm als Rusalka vergessen. Denn er singt mit klar leuchtendem, höhensicherem Tenor, und sie verkörpert auch stimmlich überzeugend die innerlich glühende, aber äußerlich spröde Liebende, deren Sehnsucht, sterblich zu werden, sie schließlich in ein Niemandsland verbannt.

Carolin Ritter ist an der Seite des Wildhegers (Stefan Kastner) ein smarter, spielfreudiger Küchenjunge. Die drei Elfen tanzen expressiv über die schmale Bühne und werden homogen gesungen von Carolin Ritter, Ikumu Mizushima und Annette Lubosch, letztere auch als Ježibaba eine hässliche Stummfilm-Hexe. So klein das Orchester ist, so wenig filigran, ja prall klingt es manchmal, was am Arrangement oder am Nachdruck liegen mag, den Andreas Pascal Heinzmann einfordert, vielleicht auch an beidem. Doch das dürfte sich bei den zahlreichen Vorstellungen in Doppelbesetzungen für alle Partien leicht ausgleichen lassen.

Dvořák, Rusalka, Pasinger Fabrik, August-Exter-Str. 1, bis 16. August. Termine und Besetzungen: www.pasinger-fabrik.com

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