Verbraucherschutz:So wehren Sie sich gegen Mahngebühren

Firmen dürfen Mahngebühren verlangen, aber nicht unbegrenzt hoch.

Mahnkosten sind erlaubt, aber nicht unbegrenzt.

(Foto: dpa)
  • Wer seine Rechnungen nicht pünktlich zahlt, muss mit Zusatzkosten rechnen.
  • Eine gesetzliche Obergrenze gibt es dafür nicht. Viele Firmen nutzen das aus.
  • Doch Unternehmen dürfen nur den Mehraufwand in Rechnung stellen: Porto und Papier. Verwaltungskosten gehören nicht dazu.

Von Berrit Gräber

Vor allem in der Urlaubszeit ist es schnell passiert: Vor der Abreise landet die eine oder andere offene Rechnung erst einmal auf dem Stapel mit den noch zu erledigenden Sachen - und geht dann unter. Bei der Rückkehr ist der Ärger dann oft groß. Eine Woche über der Zeit, und schon will der Energieversorger für die erste Zahlungserinnerung stolze elf Euro Aufschlag. Der Mobilfunkanbieter fordert 5,95 Euro, der Zahnarzt 9,50 und der Reiseveranstalter 20 Euro Mahngebühren, weil er den schludrigen Kunden schon zum zweiten Mal anschreibt. "Immer mehr Betriebe verlangen bereits bei der ersten Mahnung zwischen fünf und 15 Euro, das zieht sich durch alle Branchen", erläutert Michael Hummel, Jurist der Verbraucherzentrale Sachsen. Dabei sind so hohe Strafgelder unzulässig. Betroffene Verbraucher sollten sich gegen unangemessene Mahngebühren zur Wehr setzen und kürzen.

Grundsätzlich sollte Zahlungsmuffeln klar sein: Wer nicht pünktlich bezahlt, muss mit Zusatzkosten rechnen. Der Gläubiger darf dann einen pauschalisierten Schadenersatz in Rechnung stellen, wie Hummel betont: "Und davon machen Unternehmen im Gegensatz zu früher auch immer häufiger Gebrauch." Die Mahnung soll säumigen Kunden Druck machen, die "in Verzug" sind, also rechtswidrig die Zahlung hinausschieben. Das kann passieren, wenn jemand beispielsweise den Rechnungsvermerk "Zahlbar sofort und ohne Abzug" ignoriert hat. Oder die Handwerkerrechnung bis zum 30. Mai zahlen sollte, das Datum aber verstreichen ließ. Schickt die Firma in solchen Fällen eine Zahlungserinnerung, kann sie sofort Extrakosten in Rechnung stellen. Die Frage ist nur: Wie hoch darf die Strafgebühr ausfallen?

Eine Pauschale von fünf Euro ist überzogen

Eine gesetzliche Obergrenze gibt es nicht. Und so langen viele Betriebe nach Auffassung der Verbraucherschützer denn auch ungeniert zu. Wie zum Beispiel im Bereich der Energieversorger: Nach einer neuen Umfrage der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wollen gut 63 Prozent von 63 untersuchten Strom- und Gasanbietern in der Region bereits bei der ersten Mahnung pauschal mindestens fünf Euro Mahnkosten von ihrer Kundschaft, bisweilen auch das Doppelte und mehr. "Das sind keine Einzelfälle, das ist eher die Regel und definitiv ein Ärgernis", gibt Hummel zu bedenken. Auch Fitnessstudios, Telekommunikationsanbieter, Partnerportale im Internet, Vertriebsfirmen und selbst der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio stellten regelmäßig deutlich zu hohe Forderungen.

Dabei ist gar nicht alles erlaubt, was Verbrauchern an Zusatzkosten aufgebrummt wird. Laut geltender Rechtsprechung dürfen Unternehmen tatsächlich nur den Aufwand in Rechnung stellen, der konkret angefallen ist, wie Rechtsanwalt Herbert Schons erklärt, Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Dazu gehören das Porto für das verschickte Anschreiben, der Druck und das Papier. Mehr nicht. Personal- oder Verwaltungskosten dürfen ausdrücklich nicht umgelegt werden, wie das Oberlandesgericht München bereits im Sommer 2011 entschied (Aktenzeichen: 29 U 634/11). Eine Pauschale von fünf Euro zu verlangen, sei überzogen. Stattdessen angemessen sei 1,20 Euro. Zu einem ähnlichen Urteil kam 2012 das Landgericht Frankenthal, das selbst Mahnkosten von 4,10 Euro überhöht fand und allenfalls 1,50 Euro für gerechtfertigt hielt (Az.: 6 O 281/12).

"Weniger überweisen ist die geschickteste Variante"

Obwohl die Rechtslage eigentlich klar ist, sei es gängige Praxis, säumige Kunden mit empfindlich hohen Mahnkosten unter Druck zu setzen und abzukassieren, berichtet Hummel von seinen Erfahrungen. Für Bürger, die finanziell in Schieflage geraten sind, sei das meist sehr bitter. Sein Tipp: Immer erst prüfen, ob man in Verzug ist, Mahnkosten von über 2,50 Euro einfach nicht akzeptieren und rigoros kürzen.

Betroffene sollten sich aber zugleich die Mühe machen und der Mahnung schriftlich widersprechen, auf die geltende Rechtsprechung hinweisen. "Weniger überweisen ist die geschickteste Variante, ein gewisser Betrag steht dem Unternehmen ja tatsächlich zu", erklärt der Jurist. Das Risiko, dass der Mahnende wegen der restlichen Euros ein gerichtliches Verfahren ins Rollen bringt, sei eher gering. Eine Alternative: Ganz schnell die offene Forderung begleichen und die Mahngebühren stillschweigend unter den Tisch fallen lassen. "Manchmal klappt das, oft aber auch nicht, dann kommt die nächste Mahnung und man kriegt keine Ruhe", so Hummel.

Rein theoretisch könnten Firmen obendrein noch Verzugszinsen in Rechnung stellen - als Ausgleich dafür, dass der geschuldete Geldbetrag nicht rechtzeitig auf dem Konto war. Viele Gläubiger verzichten jedoch von vornherein darauf, wie Schons erklärt. Im Gegensatz zu den Mahnkosten ist die Höhe der Verzugszinsen gesetzlich genau geregelt. Sie liegt laut BGB für Verbraucher fünf Prozentpunkte über dem aktuellen Basiszinssatz. Schuldner können diesen Basiszinssatz auf der Webseite der Bundesbank überprüfen. Aktuell liegt der Verzugszins bei 4,17 Prozent. Ist Familie Mayer beispielsweise seit dem 8. Mai mit einer Handwerkerrechnung von 1800 Euro in Verzug und hat erst einen Monat später bezahlt, dürfte die Firma 6,58 Euro Verzugszinsen für die vier Wochen verlangen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: