"Anziehsache" zu Plateau-Sandalen:Sommer im Robotergang

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Machen kleine Menschen zu großen Maschinen: Plateauschuhe. (Foto: Illustration: Jessy Asmus / SZ.de)

Die neuen Sandalen sind oben schick, unten scheußlich. Ihre dicken Sohlen machen den Sommer zum Science-Fiction-Film - und zum Trainingscamp für Bergtouren.

Von Lena Jakat

Ist das schon Badesee oder noch Büro? Zu flattrig oder gerade noch tragbar? In Gedanken gehe ich meinen Kleiderschrank nach Bürotauglichkeit für die zweite Wochenhälfte durch. Die Temperaturen sollen auf mehr als 30 Grad steigen. Wie lange habe ich, eingewickelt in eine Wolldecke, darauf gewartet! Sonne, Hitze, Eiskaffee, mehrere Tage lang, ein richtiges Sommerplateau.

Längst da - allerdings deutlich weniger herbeigesehnt - ist ein anderes Sommerplateau. Dieses klebt unter Schuhen. Unter Clogs und Sandaletten mit Absatz, aber auch unter eigentlich flachen Sandalen. Flatforms heißen solche flachen Schwebetreter auf Modezeitschriften-Englisch, übersetzt: Flacheau. Sie sind oben so filigran wie ein Damenschuh nur sein kann und unten so elegant wie ein Motorradstiefel. Sie sind die logische Fortführung dickbesohlter Sneakers. Ein Trend, der sich auf den leisen Kreppsohlen der Creepers vor ein paar Jahren eingeschlichen hat.

Nun als Sandalen mit Gumiboot-Identitätsstörung. Machen mich irgendwie ratlos. Genauso übrigens wie ein zweiter Trend dieses Sommers, zu dem die Flatforms als idealer Begleiter angepriesen werden: Culottes. Heißen wie französische Schlüpfer, sind weite Hosen in Wadenlänge und für 7/8 aller Frauen nicht ernsthaft tragbar.

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Nun könnte man ja denken, je weniger Sinn ein Trend rein ästhetisch ergibt, desto wichtiger die Message. Allerdings habe ich die Message von Plateauschuhen schon nicht verstanden, als "Buffalo" noch das dafür gebräuchlichere Synonym war. In die Welt gebracht von der gleichnamigen Schuhfirma aus Südhessen, wie ich in den Neunzigern recherchierte, nachdem ich in einem amerikanischen Outlet-Center für meine Frage nach Buffalos entgeisterte Blicke geerntet hatte. Ein Cowboystiefelimporteuer aus Hochheim am Main, der nach Höherem strebte.

Eines muss man den Buffalos zugute halten: In den 90ern schenkten sie Teenagern ein paar zusätzliche Zentimeter. Auch Mädchen, die keine Mädchen sein wollten und sich Absätzen verweigerten.

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Wer allerdings glaubt, das Plateau breche nicht nur mit den geschlechterstereotypüberfrachteten Highheels, sondern auf ihm lasse es sich auch deutlich einfacher laufen, der irrt. Ein bisschen zu viel Gewicht auf den Fußballen, eine sanfte Schwerpunktverschiebung und schon ist die Balance perdu. Was auch an der mangelnden Flexibilität der dicken Sohle liegt, wie Vogue-Autorin Liana Satenstein schmerzlich-unterhaltsam hier ausführt. Der Trick: den ganzen Fuß belasten. Sichere Fortbewegung auf Flatforms entspricht in der Wirkung also in etwa der Gangart von fiesen Roboter-Armeen in Science-Fiction-Filmen. Bein vorstrecken, Knöchel knicken, Sohle parallel zum Boden, Fuß andocken. Anderes Bein vorstrecken, Knöchel knicken ...

Wer allerdings diese Fortbewegungsart perfektioniert hat und auf dem Modeplateau erfolgreich durchs Temperaturplateau schwebt, kann diese Fähigkeit nutzen, um beiden zu entkommen - auf ein drittes Plateau: das angenehm kühle Bergplateau. Flatforms aus, Wanderstiefel an und ab in die Berge. Aufwärts geht's beim Bergsteigen mit vertrauter Technik: gleichmäßige Gewichtsverteilung auf der ganzen Sohle.

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