Wang/Moosburg:Die Ein-Mann-Protestbewegung

Wang/Moosburg: Irmgard Eichelmann (re.), erklärte im Pavillon von Normstahl den Bürgern, warum das Gebäude sehr gut für die Aufnahme von Flüchtlingen geeignet ist.

Irmgard Eichelmann (re.), erklärte im Pavillon von Normstahl den Bürgern, warum das Gebäude sehr gut für die Aufnahme von Flüchtlingen geeignet ist.

(Foto: Marco Einfeldt)

In das ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma Normstahl in Thalbach ziehen demnächst 54 Asylbewerber. Auch Wangs Bürgermeister Hans Eichinger nennt das Haus mittlerweile ein "ideales Gebäude". Fast alle Bürger wollen nur eines wissen: Wie können wir helfen?

Von Alexander Kappen, Wang/Moosburg

Die Protestbewegung formierte sich am Donnerstagabend bereits vor dem eigentlichen Auftakt der Veranstaltung. Und sie sprach mit einer Stimme - im wörtlichen Sinn. Die Ein-Mann-Protestbewegung in Gestalt eines einzelnen Nachbarn ging forsch auf die Pressevertreter zu und machte ihrem Unmut Luft: Das Örtchen Thalbach habe gerade einmal 19 Einwohner und bekomme nun im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma Normstahl eine Unterkunft mit 54 Asylbewerbern. Im Vergleich zur ursprünglichen Einwohnerzahl "sind das 300 Prozent". Viel zu viel, meint der Mann, der sich in der anschließenden Gesprächsrunde aber nicht öffentlich zu Wort meldete und mit seiner Anliegen ohnehin ziemlich allein da gestanden wäre. Die Besucher des Info-Abends, die der Einladung des Landratsamts zahlreich gefolgt waren, hatten ganz andere Sorgen: Sie wollten wissen, wie sie die Flüchtlinge unterstützen und sich im Helferkreis einbringen können.

Der erste, größere Teil der Asylbewerber soll nach Auskunft des Landratsamts noch in der ersten Juli-Hälfte einziehen, dann folgen in einem zweiten Schwung die restlichen. Welche Nationalität sie haben, ist noch nicht bekannt. Zirka 980 Flüchtlinge sind im Kreis Freising derzeit in 57 Häusern untergebracht. Das Normstahl-Gebäude in Thalbach, das zwar zur Gemeinde Wang gehört, aber aufgrund der räumlichen Nähe eher Richtung Moosburg orientiert ist, sei für eine dezentrale Unterkunft mit seinen 54 Plätzen sehr groß, sagte Irmgard Eichelmann, Asylsozialberaterin des Landratsamts. Aber sie ließ keinen Zweifel daran, dass das dreistöckige Gebäude für diesen Zweck "mit seinen vielen, kleinen Zimmern und auch aufgrund der vorhandenen Infrastruktur sehr gut geeignet ist". Jedes Stockwerk verfüge über eine eigene Küche und einen Aufenthaltsraum.

Auch Wangs Bürgermeister Hans Eichinger bezeichnete das Haus als "ideales Gebäude", auch wenn er keinen Hehl daraus machte, "dass wir uns zunächst dagegen gewehrt haben, 50 weitere Asylbewerber aufzunehmen, wir sind schließlich schon mit den 40 in Isareck gut ausgelastet". Die Gemeinde hätte es lieber gesehen, wenn man die Flüchtlinge aus Isareck ins Normstahlgebäude umgesiedelt hätte, aber die jüngste Entwicklung mit der stetig steigenden Zahl von Asylbewerbern habe solche Überlegungen zunichte gemacht. Nun versuche man wie bisher, allen Asylbewerbern gerecht zu werden - solchen, die dauerhaft in Deutschland leben und solchen, die vielleicht in ihre Heimat zurückkehren wollten, wenn dort das Schlimmste überstanden sei. Die Gemeinde Wang, die im Dezember 2011 als erste im Landkreis Asylbewerber aufnahm, habe bei der Integration der Flüchtlinge "die längste Erfahrung", sagte der Bürgermeister: "Dank der vielen ehrenamtlichen Helfer hat es bisher super funktioniert."

Auf diese Ehrenamtlichen sind die professionellen Asylsozialberater, von denen jeder etwa 150 Flüchtlinge zu betreuen hat, nach wie vor angewiesen. "Allein können gar nicht leisten können", sagte Beate Drobniak von der Diakonie, die für die Unterkunft in Thalbach zuständig ist. Der Helferkreis wiederum ist für jeden noch so kleinen Beitrag dankbar, den Ehrenamtlich bei der Flüchtlingsbetreuung leisten. "Wenn jemand auch nur eine halbe Stunde in der Woche in die Unterkunft kommt, um bei den Deutsch-Hausaufgaben zu helfen oder nur unregelmäßig Zeit hat, ist das auch schon viel wert", sagte Erwin Girbinger vom Moosburger Helferkreis. Außerdem sei niemand zu irgendetwas verpflichtet, nur weil er sich in die Liste des Helferkreises eintrage: "Falls wer feststellt, dass er es zeitlich nicht schafft und sich komplett zurückziehen will, ist das auch kein Problem." Neue ehrenamtliche Helfer, die sich vielleicht noch unsicher fühlen, müssen sich übrigens keine Sorgen machen, mit ihrer Aufgabe allein gelassen zu werden. Die professionellen Asylsozialberater stehen ihnen genauso mit Rat und Tat zur Seite wie die bereits erprobten Ehrenamtlichen. "Im Helferkreis", sagte Reinhard Kastorff, ein Mann der ersten Stunde, "gibt es Leute, die schon fast vier Jahre lang Erfahrungen gesammelt haben und gerne Ratschläge geben, da muss niemand das Rad neu erfinden".

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