Planegg:Emotionen und Diskussionen

Planegg: "Es ist wesentlich leichter, einen Standort zu kritisieren, als einen neuen zu finden", sagte Landrat Christoph Göbel bei der Versammlung in Planegg.

"Es ist wesentlich leichter, einen Standort zu kritisieren, als einen neuen zu finden", sagte Landrat Christoph Göbel bei der Versammlung in Planegg.

(Foto: Catherina Hess)

Überfüllter Saal und hitzige Debatte: Die Flüchtlingsunterkünfte beschäftigen erneut Planegger und Martinsrieder Bürger

Von Rainer Rutz, Planegg

Das Thema Flüchtlingsunterkünfte beherrscht immer mehr die Planegger Gemeindepolitik. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen kamen mehr als 500 Bürger zusammen, um sich zu informieren und zu diskutieren. Im überfüllten Kupferhaus trafen Planegger und Martinsrieder am Montagabend auf Landrat Christoph Göbel (CSU), Bürgermeister Heinrich Hofmann (SPD) und Vertreter des Helferkreises Asyl. Der große Teil des Abends gehörte der Diskussion - die teilweise extrem emotional ablief, praktisch ausschließlich von den Martinsriedern geführt wurde und bei der auch rechte Töne zu hören waren.

Der Bitte von Bürgermeister Hofmann, "nicht über allgemeine politische Standpunkte, also auch nicht über Standorte" zu diskutieren, kamen die Bürger nicht nach - im Gegenteil, es wurden lange Grundsatzreferate gehalten. Im Zentrum der Kritik stand wieder die Standortwahl am Parc de Meylan in Martinsried, den zahlreiche Bürger als "unsere eigentliche Ortsmitte und Zentrum der Kommunikation" bezeichneten und von dem sie keinen Zentimeter für Flüchtlinge hergeben möchten.

Landrat Göbel erläuterte die gesetzlichen Zwänge, denen der Landkreis München in der Asylpolitik ausgesetzt sei. Woche für Woche müsse seine Behörde rund 100 neue Flüchtlinge auf die 29 Gemeinden und Städte im Landkreis verteilen. Viele kämen in fest gebauten Häusern unter, Hunderte müssten für einen Zeitraum von etwa sechs Monaten in Turnhallen leben, weitere Hunderte kämen in Traglufthallen, von denen es im Landkreis demnächst sieben geben wird. Den Wunsch von Bürgermeister Hofmann, Planegg - gedacht ist an ein Grundstück an der Universität auf dem Campus in Martinsried - zu verschonen, kann Göbel, wie er sagte, zur Zeit nicht nachkommen. Die Verhandlungen liefen noch, es gebe noch keine Freigabe der Regierung für den Campus. Den Planeggern kündigte Göbel aber an, dass die mit 200 Flüchtlingen belegte FLG-Turnhalle zum Schuljahresbeginn wieder frei werde. Fest installiert werden Unterkünfte an der Fürstenrieder Straße, dort sollen 50 bis 70 Menschen leben, Einzug wird im Herbst sein. Nach Martinsried kommen 46 Flüchtlinge, voraussichtlich im Dezember.

Göbel und Hofmann lobten die "aufopfernde" Arbeit des Helferkreis Asyl. Der Landrat forderte von den Bürgern Verständnis und Toleranz, es gebe keinen Grund für Befürchtungen. Er verwies dabei auch auf die Erkenntnisse der Planegger Polizei, deren Chef Reinhard Janscha zuvor von lediglich "sechs Vorkommnissen" in der Turnhalle gesprochen hatte. Die Wortmeldungen der Bürger liefen immer nach demselben Muster ab. Es wurde betont, dass man nichts gegen Flüchtlinge habe, aber eben nicht an dem Standort Parc de Meylan. Max Heindl fragte nach Kindergartenplätzen, Matthias Markert, der Verfasser des im Gemeinderat gescheiterten Bürgerantrags zum Standort Martinsried forderte von Göbel, den Standort am Bolzplatz zurückzunehmen, der sei ja "auf Biegen und Brechen durchgesetzt worden." Der Landrat antwortete, die Freizeitnutzung im Parc de Meylan bleibe erhalten. Es sei den Martinsriedern zumutbar, bei einer Anzahl von 4800 Einwohnern 46 Flüchtlinge unterzubringen. Göbel bestätigte in diesem Zusammenhang, dass in den nächsten beiden Jahren nach heutigem Stand Planegg noch einmal die gleiche Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen müsse. "Sorge um die Zukunft" machte sich eine Martinsriederin und fragte: "Wohin geht die Reise?" Sie fürchtet vor allem den Familiennachzug von Flüchtlingen, von denen im Landkreis München laut Göbel rund 90 Prozent anerkannt werden. Der Landrat sieht dagegen "keine anströmende Völkerwanderung" auf die Bevölkerung zukommen.

Eine weitere Martinsriederin fühlte sich "von der Politik nicht ernst genommen". Göbel verwies auf Erfahrungen in den 29 Kommunen des Landkreises: "Nirgendwo hat es Probleme gegeben." Er beklagte die Kritik und meinte: "Es ist wesentlich leichter, einen Standort zu kritisieren, als einen neuen zu finden." Der Gemeinderat habe sich "viele Gedanken" gemacht, jetzt gelte es, "den Gürtel enger zu schnallen." Dass viele Planegger und auch Martinsrieder dazu bereit sind, zeigte der lang anhaltende Applaus für Göbel.

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