Finanzkrise in Griechenland:Griechische Banken bleiben diese Woche geschlossen

Finanzkrise in Griechenland: Eine Frau putzt vor einer geschlossenen Bankfiliale in Athen.

Eine Frau putzt vor einer geschlossenen Bankfiliale in Athen.

(Foto: AP)
  • Die Banken in Griechenland bleiben länger geschlossen. Sie sollen frühestens nächste Woche wieder öffnen.
  • Die Athener Regierung hat den ersten formalen Schritt für ein neues Kreditprogramm gemacht und einen Antrag beim Rettungsschirm ESM gestellt.
  • Das steht im neuen Kredit-Antrag.
  • Detaillierte Sparvorschläge soll die Regierung am Donnerstag nachliefern.

Lagarde fordert Umschuldung

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat eine Umschuldung für Griechenland gefordert. Neben Spar- und Reformmaßnahmen sei dieser Schritt "notwendig" für die Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit Griechenlands, sagte Lagarde. In einem vergangene Woche veröffentlichten Bericht hatten die IWF-Experten geraten, den Zeitraum für die Rückzahlung der von den Euro-Partnern an Athen vergebenen Kredite zu verdoppeln.

Nach Schätzungen des IWF benötigt Griechenland in den kommenden drei Jahren außerdem weitere Kredite in Höhe von mindestens 50 Milliarden Euro. Den Anteil der Euro-Partner bezifferte die in Washington ansässige Organisation auf mindestens 36 Milliarden Euro. Die IWF-Schätzung wurde allerdings vor der jüngsten Eskalation der griechischen Schuldenkrise erstellt, die Lage könnte also noch düsterer sein.

Kapitalverkehrskontrollen verlängert

Die griechischen Banken bleiben angesichts der schweren Finanzkrise mindestens bis Montag geschlossen. Den entsprechenden Ministerialerlass habe Vize-Finanzministerin Nadja Valavani am Mittwoch unterzeichnet, berichtete das Staatsradio (ERT).

Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten und sollten ursprünglich am Mittwochabend auslaufen. Pro Tag können die Griechen derzeit höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.

Das hat Tsipras im EU-Parlament gesagt

Der linke Regierungschef hat auch Anhänger in Europa: Als der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras das Europäische Parlament in Straßburg betritt, brechen einige Abgeordnete in Jubel aus. Zum ersten Mal spricht er am Mittwoch im Parlament. Seine Rede: zumeist rückwärtsgewandt. Er spricht von den Fehlern Griechenlands in den vergangenen Jahren, von Vetternwirtschaft, Steuerhinterziehung und Korruption. Und er betont die Fehler der Kreditgeber: Sparpolitik und Belastung der Armen.

Dann bezieht sich Tsipras doch noch auf die aktuellen Entwicklungen: Griechenland habe bereits am Dienstag auf dem Sondergipfel Vorschläge gemacht. Und nun habe er einen Antrag beim Rettungsschirm ESM gestellt. Das ist der erste formale Schritt der griechischen Regierung für ein drittes Kreditprogramm. Die Gläubiger verlangen allerdings detaillierte Reformauflagen, zu denen sich Athen bekennen soll. Diese fehlen laut Tsipras noch: "Wir werden den Vorschlag in den kommenden zwei Tagen konkreter ausgestalten."

Der Rettungsschirm ESM hat bestätigt, dass der Antrag der Griechen angekommen ist. Der Brief im Wortlaut - hier.

Neue Frist für Athen

Die Euro-Staaten haben Griechenland nach eigenen Worten eine letzte Chance zum Verbleib in der Währungsunion gegeben. "Die endgültige Frist endet diese Woche", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach dem Sondergipfel der Euro-Staaten am Dienstag. Die Regierung in Athen soll bis spätestens Donnerstag detaillierte Sparvorschläge vorlegen. Athens bisherige Verhandlungspositionen - hier im Überblick. Am Samstag tagen die Finanzminister der Euro-Gruppe. Für Sonntag ist ein Sondergipfel der 28 EU-Staaten geplant.

Ökonomen kritisieren Kanzlerin

Es sei jetzt der richtige Zeitpunkt, die gescheiterte Sparpolitik zu überdenken. Dabei müssten die griechischen Schulden zum Teil erlassen und gleichzeitig Reformen beschlossen werden, schreiben mehrere prominente Wirtschaftswissenschaftler in einem offenen Brief (auf Englisch und auf Deutsch). Mitgeschrieben haben unter anderem Heiner Flassbeck, Thomas Piketty, Jeffrey D. Sachs oder Dani Rodrik. Griechenland leide unter der Sparpolitik und stecke in einer Krise, wie sie Europa seit den 1930er Jahren nicht mehr gesehen habe. Die Auswirkungen seien ähnlich: Armut, Jugendarbeitslosigkeit und hohe Säuglingssterblichkeit. Die Ökonomen betonen, wie Deutschland vom Schuldenerlass in der Nachkriegszeit profitiert habe. Erst daraus habe sich das Wirtschaftswunder entwickeln können. Ähnliches müsse nun auch Griechenland erlaubt werden, dem Land müssten die Schulden zum Teil erlassen werden. Die Ökonomen appellieren an die Kanzlerin: "Wir zählen auf Sie für mutige und großzügige Schritte auf Griechenland zu - Sie werden Europa auf Generationen dienen."

Merkel: Bin nicht optimistisch

Kanzlerin Angela Merkel forderte umfassende Vorschläge vom griechischen Premier Alexis Tsipras. "Es muss mehr sein als im Vorschlag der drei Institutionen stand", sagte die Kanzlerin. "Sie sehen mich hier nicht sehr optimistisch. Die Situation ist vergleichsweise ernst", fügte sie hinzu. Eine kurzfristige Brückenfinanzierung habe in den Gesprächen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone keine große Rolle gespielt.

Juncker: Grexit-Szenario ist schon fertig

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, die EU-Kommission sei in der Griechenland-Krise auf alle Szenarien vorbereitet. Ein Grexit-Szenario sei im Detail ausgearbeitet, ebenso gebe es einen Plan für humanitäre Hilfe. Juncker betonte aber, er sei absolut gegen ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro.

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