Lutz Bachmann in München:"Bravo, Herr Seehofer!"

Lutz Bachmann in München: 150 "echte Patrioten" hat Lutz Bachmann, der Gründer von Pegida, angelockt und 1300 Gegendemonstranten. Die sind teils verkleidet und machen Krach.

150 "echte Patrioten" hat Lutz Bachmann, der Gründer von Pegida, angelockt und 1300 Gegendemonstranten. Die sind teils verkleidet und machen Krach.

(Foto: Stephan Rumpf)

Unter Pfiffen und Eierwürfen Hunderter Gegendemonstranten versammelt Pegida selbsternannte Patrioten vor dem Rathaus. Der Anführer der Bewegung, Lutz Bachmann, kann sich für die Asylpolitik des Ministerpräsidenten begeistern.

Von Bernd Kastner

Für den Anführer der Bewegung, für ihren Star haben sie die beste Stube der Stadt reserviert. Wenn er kommt, soll er auf dem Marienplatz reden. Monatelang haben sie gewartet auf Lutz Bachmann, den Großen aus Dresden, der Pegida zum Spazierengehen bewegt hat, die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. In München marschieren sie auch schon seit Januar, Montag für Montag ziehen sie durch die Straßen der Stadt, aber bis vors Rathaus sind sie noch nie gekommen. Bis jetzt. Und jetzt laufen sie nicht, jetzt stehen sie still. Lutz Bachmann ist tatsächlich da, pünktlich, noch vor sieben Uhr wird er gesichtet.

Bachmann elektrisiert die Pegida-Massen. 150 selbsternannte Patrioten haben sich unter der Mariensäule versammelt, sagt die Polizei - etwas mehr als in den vergangenen Wochen, als sie durch die Maxvorstadt spazierten. 150 also wollen den "Lutz" hören, ein "echter Patriot" sagt bloß "Lutz" zu Bachmann. Einige haben sich auf Plastikstühlen niedergelassen. Was aber hören sie, die Pegidisten? Bachmann hören sie lange nicht, sondern: Das Pfeifen der etwa 1300 Gegendemonstranten, sie sind viel mehr als in letzter Zeit, und es ist so laut, dass selbst die lautesten Lautsprecher kaum durchkommen.

Es fallen sehr oft die Worte "deutsch" und "Deutschland"

Sie hören akustische Rückkopplungen und Birgit Weißmann, die Frontfrau von Pegida München. Sie hören Heinz und Stefan und noch mal Heinz und dann Gernot. Sie sind die Vorredner des Dresdners. Sie sagen das, was sie seit Monaten sagen, es fallen sehr oft die Worte "deutsch" und "Deutschland" und Lügenpresse und Islam, weil die Deutschen doch Angst haben sollen vor dem Islam. "Die Wahrheit muss gesagt werden", sagt Weißmann vom Lastwagen herunter, er steht schräg unterm Oberbürgermeister-Büro.

Sie und die Ihrigen haben rote Karten verteilt, die hält die Menge immer wieder hoch, um sie den Politikern zu zeigen, weil die ja gegen das Volk regierten. Zwei dieser Politiker haben sich unter die Gegendemonstranten gemischt, Oberbürgermeister Dieter Reiter und Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl, beide von der SPD. Organisiert hat die Gegendemo der Verein "München ist bunt", weshalb "Patrioten" Schilder hochheben mit "Bunt aber blöd". Auf der anderen Seite steht auf einem Schild: "Euer Hass ist uns peinlich." Daneben viele Stinkefinger, und jeder fotografiert jeden. Es ist wie immer.

Lutz Bachmann in München: Als Bachmann dann auf dem Lkw vor dem Rathaus steht, redet er zehn Minuten, dann macht er Feierabend.

Als Bachmann dann auf dem Lkw vor dem Rathaus steht, redet er zehn Minuten, dann macht er Feierabend.

(Foto: Stephan Rumpf)

Es wird halb acht, es wird dreiviertel acht, Bachmann scheint verschwunden. Es reden Stefan und seine Freunde. Für Bewegung sorgen bloß die vielen Eier, die von Linken in die rechte Menge geworfen werden, bald ist der Boden übersät, und manches linke Ei trifft Journalisten. Die Würfe verwertet Frau Weißmann, die Seniorin auf dem Bühnen-Lkw: Jetzt, da die Linken keine Eier mehr hätten, könnten sie sich auch nicht mehr vermehren, und das sei ja gut. "Die Eier haben wir." Das freut die Masse der 150. Es folgt: Nicht Bachmann, es folgt Musik. Und dann darf noch einer ran. Gernot.

Jetzt kommt aber wirklich der "Lutz"

Halb neun, jetzt kommt aber wirklich der "Lutz", und er stellt sich zunächst ordentlich vor: "Mein Name ist Lutz und ich bin einer der Gründer von Pegida." Dann lobt er all die "standhaften Patrioten" von München und dann den Horst Seehofer. Man habe glatt den Eindruck, er, also der Seehofer, der bayerische Ministerpräsident von der CSU, sei "aufgewacht". "Bravo, Herr Seehofer!", ruft Bachmann ins Mikro, weil der Herr Seehofer jetzt "exakt das gleiche" sage wie Pegida, bloß dass Pegida das alles schon letzten Herbst gesagt habe.

Er meint Seehofers Ankündigung, dass er Bayern für angebliche Asylmissbraucher weniger attraktiv machen und schneller abschieben wolle. "Ich bitte Sie inständig, Ihre Aussage in die Tat umzusetzen", ruft Bachmann, um hinterherzuschieben, dass er aber nicht dran glaube, weil der Seehofer ja bestimmt nicht den Mut habe, sich schützend vor sein bayerisches Volk zu stellen. Grölen von den einen. Pfiffe von den anderen und: "Haut ab, haut ab!"

Es folgt die Ankündigung Bachmanns, dass Pegida bei den nächsten Landtagswahlen mit eigenen Kandidaten und Listen antreten wolle. "Wir sind geblieben, um zu siegen", ruft er. "München zeigt's, wie's geht." Dann ist Schluss, zehn Minuten hat er geredet. Es folgt eine Minute Zugabe, dann Feierabend. Bachmann und sein Nebenmann, der wohl sein Schutzmann sein soll, verlassen den Lkw. Fahnen flattern im Wind, schwarz-rot-goldene hier und sehr bunte dort.

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