Rückenschmerzen:Immer mehr Patienten suchen Klinik auf

  • Laut Barmer GEK suchen immer mehr Rückenschmerzpatienten Hilfe in einer Klinik. Ihre Zahl nahm seit 2006 um fast 50 Prozent zu.
  • Ein Drittel dieser Hilfesuchenden bekommt lediglich diagnostische Leistungen - die auch bei niedergelassenen Medizinern möglich wären.
  • Viele Klinikpatienten sind mit der Behandlung nicht zufrieden.

Von Guido Bohsem

Rückenschmerz ist eine der großen Volkskrankheiten. 85 Prozent aller Deutschen haben irgendwann in ihrem Leben Probleme im Kreuz. Werden Arbeitnehmer krankgeschrieben, sind Rückenschmerzen in 15 Prozent der Fälle die Ursache, scheiden sie früher aus dem Berufsleben aus, liegt das zu 18 Prozent an Leiden am Kreuz. Laut dem Krankenhausreport der Barmer GEK suchen immer mehr Rückenschmerzpatienten Hilfe in einer Klinik. Zwischen 2006 und 2014 sei die Zahl der jährlichen Krankenhausfälle von 282 000 auf 415 000 gestiegen - eine Zunahme um 47 Prozent. Rechne man die Effekte heraus, die durch die steigende Anzahl älterer Menschen verursacht werden, bleibe immer noch ein Anstieg von 41,5 Prozent.

"Offenbar landen auch Patienten im Krankenhaus, denen dort nicht wirklich geholfen werden kann", sagte Barmer-Chef Christoph Straub. Denn ein Drittel bekäme in den Kliniken weder Operationen noch Schmerztherapien. Stattdessen würden überwiegend Röntgenaufnahmen oder Kernspintomographien angefertigt. "Für diese etwa 140 000 Patienten kann man von einer Fehlversorgung sprechen, die es dringend zu beseitigen gilt", sagte Straub.

Tatsächlich sind für solche diagnostischen Leistungen in der Regel niedergelassene Ärzte zuständig. Wenden sich Patienten für solche Fälle an ein Krankenhaus, kostet die Behandlung mitunter deutlich mehr. Die Krankenkassen haben deshalb ein Interesse daran, die Zahl der Untersuchungen niedrig zu halten, für die der Besuch einer Klinik nicht notwendig ist. Straub forderte daher auch eine professionelle, fachübergreifende Versorgung durch niedergelassene Ärzte.

Bandscheiben-Operationen nehmen zu

Viele Patienten irrten mit ihren Rückenschmerzen jahrelang durch das Gesundheitswesen, ohne dass ihnen geholfen werde, sagte Straub. Für einen Teil der Patienten werde oftmals die Rücken-Operation als letzter Ausweg empfohlen. So sei die Zahl der Bandscheibenoperationen zwischen 2006 und 2014 um 12,2 Prozent gestiegen und die Zahl der Wirbelsäulenversteifungen um 83,1 Prozent.

Immer häufiger folgten einer Bandscheiben-OP innerhalb von ein bis zwei Jahren noch eine Versteifungs-OP. Angesichts der hohen Steigerungsraten empfiehlt der Barmer-Chef den Patienten vor einem Eingriff unbedingt eine zweite ärztliche Meinung einzuholen. "Schließlich gilt Vorsicht, bevor das Skalpell angesetzt wird, denn nicht jede Operation an der Wirbelsäule ist notwendig und sinnvoll."

Mit der Behandlung im Krankenhaus sind laut einer Umfrage der Barmer unter mehr als 900 Patienten viele nicht zufrieden. Etwa ein Drittel sei 18 Monate nach der Krankenhausbehandlung schmerzfrei. "Die Erwartungshaltung an die Behandlung im Krankenhaus ist bei Schmerzpatienten sehr hoch", sagte die Studienautorin Eva Maria Bitzer von der Hochschule Freiburg. Die Ärzte müssten daher konsequenter aufklären, was eine Behandlung leisten könne. "Schmerzfreiheit gehört nicht unbedingt dazu."

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