Generalbundesanwalt in der Kritik:Reizfigur Range

Generalbundesanwalt Harald Range

Generalbundesanwalt Harald Range steht in der Kritik.

(Foto: dpa)

Auf Harald Range prasselt die Kritik, weil er gegen Journalisten wegen Landesverrats ermittelt. Über einen erfahrenen Juristen, der auch wegen seines Parteibuchs zu seinem Posten kam.

Porträt von Oliver Das Gupta

Mächtig prasselt nun Kritik ein auf Harald Range. Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen das Blog Netzpolitik.org wegen Landesverrats, was nicht wenige als Angriff auf die Pressefreiheit empfinden. Manche fordern den Rücktritt des 67-Jährigen, für viele ist er zur Reizfigur geworden. Selbst in der FDP rückt man vom Liberalen Range ab.

Dass der Mann einmal für solche Furore sorgen würde, war nicht gerade absehbar. Schließlich galt Range allein aufgrund seines Alters als Übergangslösung, als er 2011 sein hohes Amt antrat. Range war zweite Wahl, nachdem der erste Kandidat verschlissen worden war. Die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger war von der FDP, darum sollte nach Möglichkeit erneut ein Liberaler auf den Posten gehievt werden.

Karrierekrönung in Karlsruhe

Manche raunten damals von einem Notnagel. Dabei ist Ranges Vita damals wie heute alles andere als notnagelig. Ranges Lebenslauf liest sich wie eine gerade Linie bis nach Karlsruhe, wo der Sessel des Generalbundesanwalts seine Karriere krönt.

Range, der 1948 in Göttingen zur Welt kam, studierte ebenda und in Bonn Jura und Publizistik. Danach trat er in den Justizdienst ein, amtierte als Richter in Niedersachsen, wechselte dann zur Staatsanwaltschaft in seiner Geburtsstadt und gab dort auch den Pressesprecher.

Der Familienvater arbeitete im niedersächsischen Justizministerium, wurde später Chef der größten Staatsanwaltschaft des Bundeslandes in Celle. Er forcierte den Kampf gegen Korruption und agierte mit einer "Null-Toleranz-Strategie" gegen gewaltbereite Fußballfans während der WM-Spiele 2006 in Hannover. Nebenbei knüpfte Range Kontakte ins Ausland, beriet internationale Institutionen, machte sich mit dem Völkerstrafrecht vertraut und engagierte sich im sozialen Bereich.

Es folgte die Berufung zum Generalbundesanwalt und der Umzug nach Karlsruhe. Vor der Causa Netzpolitik.org war es vor allem die NSA-Affäre, in der Range allerlei Kritik auf sich zog. Denn im Abhörskandal zeigte sich der ehrgeizige Strafverfolger überraschend desinteressiert. Nach den ersten Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden blieb er untätig. Nachdem klar war, dass der US-Geheimdienst neben unzähligen Bundesbürgern auch Kanzlerin Angela Merkel bespitzelt hat, rang sich der Generalbundesanwalt erst spät zu Ermittlungen durch, die er dann wieder einstellte.

Die Untersuchungen will Range wohl auch nicht wieder aufnehmen, ungeachtet immer neuer Enthüllungen wie etwa zu einem belauschten Telefonat Merkels zur Griechenlandkrise. Es brauche "gerichtsfeste Beweise", sagte er erst vor wenigen Wochen. Eine Vernehmung der Kanzlerin oder gar Snowdens lehnt er ohnehin ab.

Justizminister auf Distanz

Wie der Generalbundesanwalt in der NSA-Affäre verfährt - und sie fast vollständig ignoriert/aussitzt - dürfte im Sinne der Kanzlerin und ihrer Regierung liegen. Doch der Fall Netzpolitik.org könnte sich für Range ungemütlich entwickeln. Nicht nur die Opposition greift ihn an, auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ging demonstrativ auf Distanz.

Ranges Tage als Generalbundesanwalt dürften ohnehin gezählt sein. 2013 wäre er regulär in Pension gegangen. "Im dienstlichen Interesse" könne der Ruhestand allerdings um bis zu drei Jahre hinausgeschoben werden, hieß es bei Amtsantritt. 2016 wäre demnach das "dienstliche Interesse" ausgereizt. Im öffentlichen Interesse wäre womöglich ein schnelleres Dienstende.

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