Flughafen-Baufirma:Nicht nur der BER hat ein Problem

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  • Nach der Pleite der deutschen Imtech-Tochter verlieren Aktien des niederländischen Unternehmens massiv an Wert.
  • Royal Imtech wird mit Affären und Korruptionsvorwürfen assoziiert.
  • Imtech arbeitet in Deutschland nicht nur beim Flughafen BER mit, sondern auch an der BND-Zentrale und der Renovierung der Kölner Oper.

Von Angelika Slavik, Hamburg

Wenn man nach einem Symbol sucht, kommt man natürlich auf die Sache mit dem Stadion. Fünf Jahre lang trug der Hamburger SV seine Bundesliga-Heimspiele in der "Imtech-Arena" aus. Das Bauunternehmen Imtech konnte die Rechte 2010 kaufen, weil der damalige Namensgeber keine gute Phase hatte. Das Stadion hieß damals: "HSH Nordbank Arena".

Seit gut einem Monat ist nun auch der Name "Imtech-Arena" wieder Geschichte und langsam wird deutlich, dass auch Imtech, milde ausgedrückt, gerade keine gute Phase hat. Am vergangenen Donnerstag meldete Imtech Deutschland Insolvenz an. Am Montag wurde dann bekannt, dass auch die Konzernmutter, die niederländische Royal Imtech, vor der Pleite steht. Gespräche mit möglichen Geldgebern hätten bislang nicht zu Ergebnissen geführt, teilte das Unternehmen mit. Nun ginge es darum, "so viel wie möglich vom Konzern zu erhalten". Die Aktien des Unternehmens verloren daraufhin an der Amsterdamer Börse massiv an Wert: Am Nachmittag war das Papier 43 Prozent im Minus. Eine Imtech-Aktie kostete 41 Cent. Vor fünf Jahren wurden die Papiere noch für fast 215 Euro das Stück gehandelt. Am Dienstag schließlich meldete das Unternehmen, dass es die Aussetzung seiner Zahlungsverpflichtungen beantragt habe. Das zuständige Gericht in Rotterdam habe den Antrag bewilligt und einen Verwalter für den Konzern eingesetzt.

Imtech ist in Deutschland nicht einfach irgendein Baukonzern. Das Unternehmen ist an zahlreichen Großprojekten in der ganzen Bundesrepublik beteiligt. Prominentestes Beispiel: der Flughafen Berlin-Brandenburg, wo Imtech Heizungs-, Sanitär- und Lüftungsarbeiten durchführt. Auch am Neubau der BND-Zentrale in Berlin, ebenfalls nicht von Pannen verschont, ist Imtech beteiligt. Gleiches gilt für die Sanierung der Kölner Oper, deren Wiedereröffnung gerade erst verschoben werden musste.

Beim Namen Imtech denkt man an Affären

Imtech ist aber nicht nur ein viel beschäftigter Konzern - in den vergangenen Jahren wurde der Name vor allem mit Affären assoziiert. Das fing 2013 an, als mehrere Unregelmäßigkeiten bei Imtech Deutschland aufflogen: Fehlkalkulationen und seltsame Geldflüsse zwischen eigentlich getrennten Projekten waren ein Thema, zudem wurde in den Büchern ein Freizeitpark geführt, der in der Realität gar nicht existierte. Auch im Zusammenhang mit dem Berliner Flughafen soll Imtech in eine Korruptionsaffäre verwickelt sein: Ein Flughafenmanager habe von Imtech 150 000 Euro kassiert und im Gegenzug überhöhte Rechnungen des Unternehmens durchgewunken, sagt die Staatsanwaltschaft. Die gesamte Führung von Imtech in Deutschland wurde entlassen, diverse Verfahren laufen.

Zentrale von Imtech Deutschland in Hamburg: Im Lauf der Woche werde wieder in voller Personalstärke gearbeitet, heißt es. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

"Seither ist das neue Management damit beschäftigt, die Folgen dieser Verfehlungen zu beseitigen", sagt ein Unternehmenssprecher. Vorwürfe in jüngeren Medienberichten, wonach das Unternehmen bewusst den Baufortschritt bei Großprojekten verzögere, um von teuren Nachtragsarbeiten finanziell zu profitieren, wies der Sprecher zurück. "Beim Berliner Flughafen zum Beispiel waren wir es, die auf zahlreiche Planungsmängel überhaupt erst hingewiesen haben."

Trotz der vielen negativen Schlagzeilen hat Imtech aber keine großen Aufträge verloren - offenbar fürchten viele Projektmanager, es könne bei einer Neuvergabe zu weiteren Terminverzögerungen kommen. Allerdings hat Imtech nach den Affären Schwierigkeiten, an neue Aufträge zu kommen. Alle Restrukturierungsbemühungen, inklusive des Abbaus von mehreren hundert Arbeitsplätzen, waren deshalb nicht genug. "Vergangene Woche wollten die Banken keinen weiteren finanziellen Spielraum gewähren", sagt der Sprecher.

Eine Imtech-Pleite hätte Folgen für die Commerzbank

Die finanzielle Schieflage der Muttergesellschaft in den Niederlanden dagegen sei nicht nur auf die Probleme in Deutschland zurückzuführen, "auch wenn hier natürlich kein positiver Beitrag geleistet wurde". Royal Imtech habe auch andernorts Schwierigkeiten, etwa in Großbritannien. Sollten die Niederländer eine Pleite nicht mehr abwenden können, hätte das auch bittere Folgen für die deutsche Commerzbank: Denn die ist nicht nur Kreditgeber, sondern auch mit 11,8 Prozent an Royal Imtech beteiligt. Allein durch den Kursverlust in den vergangenen zehn Tagen hat sie also 50,7 Millionen Euro Verlust gemacht.

(Foto: N/A)

In Deutschland hoffe man indes, möglichst viele der derzeit etwa 4000 Arbeitsplätze zu sichern, sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt. Er analysiere derzeit mit 70 Mitarbeitern die Lage. Die Gehälter seien für die kommenden drei Monate gesichert, die Arbeiten an den Baustellen sollten weitergeführt werden. Dass am vergangenen Freitag trotzdem vielerorts die Maschinen stillstanden, liege an "dem Schock", der die Nachricht vom Insolvenzantrag für Mitarbeiter und Subunternehmer gewesen sei, heißt es bei Imtech. "Bis man da alle wieder beruhigt hat, ist der Arbeitstag zu Ende." Im Lauf der Woche würde aber wieder in voller Personalstärke gearbeitet.

Weniger optimistisch gab sich dagegen der Geschäftsführer des Berliner Flughafens, Karsten Mühlenfeld: Die Imtech-Pleite werde den Abschluss der Bauarbeiten definitiv verzögern, sagte er. Ob das auch Auswirkungen auf den derzeit geplanten Eröffnungstermin im Herbst 2017 habe, könne er noch nicht sagen.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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