Auslandseinsätze:Auf ein Sechstel geschrumpft

Der Wehrbeauftragte Bartels sieht die Bundeswehr im Zuge des Türkei-Einsatzes überlastet. Die Truppe soll spätestens 2016 abziehen.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Als Lehre aus dem bald endenden Bundeswehreinsatz in der Türkei fordert der Wehrbeauftragte, die Struktur der Truppe zu überdenken. "Es hat ja in diesem Einsatz Probleme mit der Durchhaltefähigkeit gegeben", sagte Hans-Peter Bartels der Süddeutschen Zeitung. "Es gab eine Überbelastung von Teilen des Personals." Dies liege an der Aufstellung der Truppe: "Die Bundeswehr hatte mal sechs Flugabwehrraketen-Geschwader, jetzt ist es nur noch eins", sagte Bartels. Angesichts der Tatsache, dass es in der Nato zu wenig modernste Flugabwehrraketen gebe, "muss man schon fragen, ob hier eine Spezialfähigkeit innerhalb der Bundeswehr zu klein geworden ist". Bartels' Forderung bedeutet in der Konsequenz, die durch die jüngste Reform festgelegte Struktur der Streitkräfte erneut zu überdenken.

Weil in den vergangenen Jahren ein kleiner Kreis von Spezialisten nach jeweils vergleichsweise kurzer Zeit in der Heimat wieder in die Türkei musste, hatte die Führung der Luftwaffe bereits seit längerer Zeit auf ein Ende des Einsatzes gedrungen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die deutsche Beteiligung zur Disposition gestanden, war dann aber nochmals verlängert worden. Am Wochenende teilte die Bundesregierung nun mit, dass der Einsatz in den nächsten Monaten endet. Sie bestätigte damit einen Bericht von Spiegel Online. Im Verteidigungsministerium hieß es, bis spätestens Anfang 2016 solle die Mission beendet werden. Der Bundestag hatte sie zuletzt im Januar um ein weiteres Jahr verlängert. Begonnen hatte der Einsatz Anfang 2013, seither sollte die Bundeswehr den Nato-Partner Türkei mit Patriot-Flugabwehrraketen vor Beschuss aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien schützen. Ebenfalls an dem Einsatz "Active Fence Turkey" beteiligt waren die USA und die Niederlande, an deren Stelle zuletzt die spanischen Streitkräfte getreten waren. Nach Deutschland kündigten am Wochenende auch die USA ihren Abzug an.

Derzeit sind etwa 250 Bundeswehrsoldaten im türkischen Kahramanmaraş stationiert.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold spricht von einem "eher symbolischen Mandat"

Als Grund für das Ende der Mission führte die Bundesregierung an, dass die Gefahr durch ballistische Raketen aus Syrien während des Einsatzes kontinuierlich abgenommen habe und nun äußerst gering sei. "Die Bedrohung in dieser krisengeschüttelten Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten. Sie geht heute von der Terrororganisation Islamischer Staat aus", erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Der Einsatz war initiiert worden, nachdem im türkisch-syrischen Grenzgebiet auf türkischer Seite Granaten eingeschlagen waren.

In der Bundesregierung hatte es seit längerer Zeit Planungen gegeben, den Einsatz nach drei Jahren nicht erneut zu verlängern. Dennoch wurde das Ende des Engagements auch mit dem jüngsten Vorgehen der türkischen Regierung in Zusammenhang gebracht. "Angesichts des Vorgehens von Präsident Erdoğan gegen die Kurden und der unklaren Haltung der türkischen Regierung in Bezug auf eine Strategie gegen den 'Islamischen Staat' durfte nicht der Eindruck entstehen, dass die Bundesregierung die hochriskante Politik von Herrn Erdoğan unterstützt", sagte der SPD-Außenpolitiker Niels Annen. Dennoch bleibe die Türkei ein Bündnispartner, dem man im Ernstfall selbstverständlich beistehe.

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold sagte, bei dem Einsatz in der Türkei sei es "mehr darum gegangen, mit einem eher symbolischen Mandat unsere Solidarität gegenüber der Türkei zum Ausdruck zu bringen". Der CSU-Bundestagsabgeordnete Florian Hahn nannte das Ende des Einsatzes eine "gute, überfällige Entscheidung".

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