Radio:Mit Zückerchen

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Im Privatfunk gestählt: Bevor Valerie Weber zum WDR kam, war sie Wellenchefin bei Antenne Bayern. (Foto: wdr)

Valerie Weber kam vom Privatfunk zum WDR und will nun das Radioprogramm umkrempeln. Ihre Pläne könnten noch für mächtig Ärger sorgen.

Von Hans Hoff

Als vor drei Jahren Änderungen im Programm von WDR 3 drohten, kam es zu Protesten über das Sendegebiet hinaus. Fast 20 000 Menschen unterschrieben die Petition einer Initiative, die sich "Die Radioretter" nannte. In der Unterschriftenliste fanden sich prominente Namen wie Elke Heidenreich, Richard David Precht und Günter Wallraff. Es ging um den Verlust von politischer Kompetenz bei der Kulturwelle, um die Entwertung des allabendlichen Kulturmagazins Resonanzen, um ein drohendes Häppchenfeuilleton. Mit Mühe wurden die Protestierer besänftigt. Es herrschte wieder Ruhe im WDR-Land.

Das könnte sich bald ändern, denn die Pläne, die Valerie Weber am Dienstag dem WDR-Rundfunkrat übergeben hat, enthalten Verschiebungen bei den anspruchsvollen Wellen WDR 3 und WDR 5, gegen die jene von 2012 wie das schüchterne Geraderücken angestaubter Kaminfiguren wirken.

Weber weiß, dass sie mit ihren Plänen jene bestätigt, die sie als Kulturradio-Verderberin sehen

Die Hörfunkdirektorin nutzt den herrschenden Spardruck als Schutzschild gegen Anfeindungen. Sie kann sagen, dass sie all das ja tun muss, weil eben alle im WDR sparen müssen, auch das Radio. Sie rüttelt am gewohnten Programm, obwohl sie vor mehr als einem Jahr, als sie von Antenne Bayern kam, ausdrücklich gewarnt wurde. "Schon in den ersten Tagen habe ich gehört, dass ich gar nicht an WDR 3 denken soll, wenn ich über irgendwelche Änderungen nachdenke, denn Kulturprogramme könne man nicht reformieren, hieß es." Das hat sie offensichtlich besonders angespornt. Die Folgen stehen nun im neuen Programmschema, das im Januar in Kraft treten könnte, wenn denn der Rundfunkrat sein Plazet gibt.

Demnach soll das 2012 im Fokus der Radioretter stehende Programm Resonanzen zweigeteilt werden, eine Stunde am Mittag, eine Stunde am Abend. Weber verkauft das als Erfolg, weist hin auf die neuen Möglichkeiten, die so etwas biete. Sie ist sehr geschickt darin, ihre Pläne zu vermarkten, auch Reduzierungen als Chancen zu verkaufen. Sie lobt alle und alles. Manche müssen trotzdem weichen.

Für Weber geht es bei WDR 3 vor allem um Profilierung. "Wir wollen von morgens um sechs Uhr bis abends um sechs Uhr eine Mischung anbieten aus klassischer Musik und Kulturwortangebot. Nicht eine Stunde so und dann eine Stunde so." Mit diesem neuen Angebot will sie mehr kulturinteressierte Menschen im Land erreichen.

Die im Privatfunk gestählte Radiofrau weiß natürlich, dass sie mit ihren Plänen all jenen Futter liefert, die sie schon früh als große Verderberin des Kulturradios sehen wollten. Deshalb gibt sie im Gegenzug auch Zückerchen aus. So wird es künftig um 19 Uhr ein Hörspiel auf WDR 3 geben. Täglich. "Hörspiel können wir entweder lassen, weil wir nicht mehr dran glauben, oder wir setzen es prominent", sagt sie.

Auch bei der Wortwelle WDR 5 hat sie das Programm durchgepflügt. Das Call-in-Medienmagazin Funkhaus Wallraffplatz fliegt raus, die teure SpielArt am Sonntag läuft nur noch feiertags, und bei den Kinderprogrammen wird ebenso gekürzt wie beim politischen Meinungsmagazin Politikum, das aber immerhin einen besseren Sendeplatz erhält. Dafür muss das Landesmagazin Westblick eine Viertelstunde abgeben.

Naturgemäß werden da Proteste kommen, vor allem, weil im Rundfunkrat viele Landespolitiker sitzen, die fürchten, mit ihrem Tun nicht mehr so oft im Programm vorzukommen. Denen tritt Weber furchtlos entgegen. Ihre Mannschaft sieht sie dabei geschlossen hinter sich, obwohl langfristig 30 Stellen wegfallen. "Ich glaube, dass die Mehrheit der festen Mitarbeiter bei WDR 3 und WDR 5 diese Reform mit Kraft und Innovationsfreude nach vorne trägt." Bei den freien Mitarbeiter sieht es derzeit noch anders aus. Die murren teilweise laut, weil sie nicht wissen, wo sie künftig noch aktiv werden können.

Aber auch denen präsentiert sich Weber furchtlos. Schließlich geht es um die nach ihrer Ansicht gute Sache "Wenn ich feige wäre, wäre ich gar nicht erst zum WDR gekommen."

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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