Rechte Gewalt in Heidenau:Tillich: "Das ist nicht unser Sachsen"

  • Politiker aller Parteien verurteilen die rechte Gewalt im sächsischen Heidenau.
  • Nach der zweiten Nacht mit Krawallen sieht Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt das "Gewaltmonopol des Staates in Gefahr".
  • Fraglich ist, ob die Pöbler und Gewalttäter in Heidenau überhaupt zur Verantwortung gezogen werden können - bislang gab es erst eine Festnahme.

Sachsens Ministerpräsident erschüttert von Gewalt in Heidenau

Die Bilder aus der Nacht zum Sonntag machen betroffen: ein rechter Mob, der Nazi-Parolen skandiert, Menschen, die Böller, Flaschen und Steine gegen Polizisten werfen - weil 250 Flüchtlinge in Heidenau einquartiert wurden. Auch Politiker aller Parteien zeigen sich schockiert über die Ereignisse in dem sächsischen Ort.

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte in Dresden: "Das ist Menschenhass mit erschreckender Gewalt gegen Polizisten und gegen Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen." Der CDU-Politiker kündigte an, "mit aller Macht" dagegen vorzugehen. Hier verstoße eine Minderheit "brutal" gegen Werte und Gesetze Deutschlands. "Das ist nicht unser Sachsen."

Ähnlich hatte sich zuvor bereits Sachsens Innenminister Markus Ulbig, ebenfalls CDU, geäußert. "Wir werden auch die ausufernde Gewalt gegen Polizisten nicht tolerieren und die Straftaten mit aller Konsequenz verfolgen." In der Nacht zum Samstag hatten sich etwa 600 Menschen vor einem ehemaligen Baumarkt in Heidenau versammelt, der zu einer Notunterkunft für Flüchtlinge umfunktioniert ist. Mehr als 30 Beamte, die sich den Rechten entgegengestellt hatten, wurden bei den Auseinandersetzungen verletzt.

Nachdem es in der Nacht zum Sonntag erneut zu Krawallen kam, bei denen abermals zwei Polizisten verletzt wurden, kündigte Ulbig am Sonntag an, einen Sicherheitsbereich um die Asylunterkunft einzurichten.

Martin Dulig, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten in Sachsen, dankte auf Facebook "allen mutigen Demokraten, welche sich gestern den Nazis und Rassisten entgegenstellten, und vor allem auch der Polizei für ihren Einsatz".

Bundesjustizminister Maas: "Null Toleranz"

Bereits am Samstag, nach der ersten gewaltsamen Nacht, hatte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ein konsequentes Vorgehen angekündigt: "Wir dürfen niemals tolerieren, dass Menschen in unserem Land bedroht oder angegriffen werden. Dagegen müssen wir mit aller Härte des Rechtsstaates vorgehen." Gegenüber Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gelte "null Toleranz".

Polizei in Heidenau offenbar überfordert

Ob die Politik ihre Ankündigung derzeit wahrmachen kann, ist allerdings fraglich - die Polizei in Heidenau ist mit der Situation offenbar überfordert. Bislang gebe es nur eine einzige Festnahme im eigentlichen Sinne, hieß es am Sonntag. Nach den Worten von Polizeisprecher Marko Laske musste zunächst die Lage unter Kontrolle gebracht werden. Dabei seien in mehreren Fällen auch die Personalien von Demonstranten aufgenommen worden. "Keine Festnahme heißt nicht, dass es nun keine strafrechtliche Verfolgung gibt." Die Polizei ermittle unter anderem wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung. Insgesamt seien am Freitag etwa 130 Beamte im Einsatz gewesen, am Samtag etwa 170.

Göring-Eckhardt: "Gewaltmonopol des Staates in Gefahr"

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erklärte dazu am Sonntag in Berlin: "Wenn (...) ein rechter Mob in zwei Nächten nacheinander Menschen bedrohen kann, dann ist das Gewaltmonopol des Staates in Gefahr." Heidenau sei "eine direkte Folge der falsch verstandenen Toleranz" der sächsischen Landesregierung gegenüber Pegida. "Ich warne vor einem neuen rechten Terrorismus à la NSU", fügte die Grünen-Fraktionschefin hinzu.

Göring-Eckardt kritisierte auch Angela Merkel: Die "Zögerlichkeit" der Bundeskanzlerin, in der Flüchtlingsfrage die richtigen Worte zu finden, könne sie nicht mehr verstehen.

De Maizière fordert faire Behandlung für alle Asylbewerber

Bundesinnenminister Thomas de Maizière zeigte sich in einem Interview mit der Bild am Sonntag betroffen über die Fremdenfeindlichkeit in Deutschland. Der "Anstieg von Hass, Beleidigungen und Gewalt gegen Asylbewerber" sei "unwürdig und unanständig". Weiter sagte er dem Blatt: "Jeder, der so denkt, sollte sich auch nur für einen Moment vorstellen, er wäre in der Situation der Flüchtlinge". Auch ein Asylbewerber, "der morgen abgeschoben wird", habe heute Anspruch auf eine faire Behandlung und darauf, in Frieden zu leben.

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