Messestadt Riem:Was aus dem ehemaligen Flughafengelände wird

Einsturzgefährdete Tribüne am ehemaligen Flughafen München-Riem, 2012

Einst Buga-Lounge, nun leer und einsturzgefährdet: Der Kopfbau soll der Gastronomie dienen.

(Foto: Claus Schunk)
  • Der Bezirksausschuss fordert, dass die Zuschauertribüne und der Kopfbau des ehemaligen Flughafens Riem saniert werden.
  • Die Stadt sieht keinen Bedarf für eine kulturelle Nutzung. Ein Gastronomiebetrieb ist eher umsetzbar und gewinnbringend.
  • Bis ein solcher Betrieb öffnen könnte, muss noch viel getan werden.

Von Renate Winkler-Schlang

Sie ist ein echtes Problembauwerk, die frühere Zuschauertribüne des ehemaligen Flughafens in Riem, ein Denkmal, das verrottet und zugleich ein Biotop, das keiner pflegen kann, da das Bauwerk drunter mittlerweile als einsturzgefährdet gilt. Die Renovierung der rund 500 Meter langen Anlage würde Millionen kosten. Eine Nutzung, die diesen Aufwand rechtfertigen könnte, ist nicht in Sicht.

So saß die Stadt, der die Immobilie gehört, das Problem aus. 2012 wurde dann auf den steten Druck aus dem Stadtviertel ein Sicherungs- und Teilsanierungskonzept beschlossen. Für die Lokalpolitiker, die diesem Wahrzeichen einen hohen ideellen Wert zumessen, war es ein Pseudo-Konzept, denn der zu sanierende Teil wäre winzig gewesen. Geschehen ist außer ein paar Sitzungen ohnehin gar nichts.

Jetzt soll sich der Stadtrat Mitte Oktober wieder mit der Tribüne befassen. Mit einbezogen in die Überlegungen wird nun auch der Kopfbau, das frühere Kassenhaus der Tribüne. 2005 zur Bundesgartenschau war er so hergerichtet worden, dass ein Café, die Buga-Lounge, einziehen konnte. Dann wurde er temporär als Eventlocation genutzt, derzeit steht er wieder leer.

Was es für Möglichkeiten gibt

Der Bezirksausschuss hatte sich immer eine soziale oder kulturelle Nutzung gewünscht, doch inzwischen ist klar, dass weder das Sozial- noch das Kulturreferat Bedarf sehen. Also will die Stadt sich auf Gastronomie konzentrieren. Da Anbauten an den Kopfbau nicht zulässig sind, bräuchte ein Wirt einen Teil des Raumes unter der Tribüne als Lagerfläche, für Sanitäreinrichtungen oder Sozialräume. Deshalb muss mindestens dieser Abschnitt der Tribüne nun instand gesetzt werden. Der Bezirksausschuss hofft, dass dann gleich auch noch die Sanierung einer zweiten Kammer drin sein könnte, eventuell für einen Schützenverein oder als Musikübungsraum.

Messestadt Riem: Die Tribüne ist derzeit notdürftig gesichert.

Die Tribüne ist derzeit notdürftig gesichert.

(Foto: Stephan Rumpf)

Doch die Stadtverwaltung will sich offenbar weiter Zeit lassen. Das Papier aus dem Kommunalreferat sieht vor, erst einmal die Westseite der Tribüne zu sichern und zu stabilisieren und eine feste und verkehrssichere Umzäunung zu bauen. Dies könne noch in diesem Jahr erledigt werden. Die Teilsanierung aber will die Stadt erst angehen, wenn sie genau weiß, wie sich die Umgebung der Tribüne verändert. Und da tut sich einiges: Noch ist nicht genau geklärt, wie nah der vom Stadtrat grundsätzlich beschlossene neue Campus aus Gymnasium und Realschule an die "Ruine" heranrücken wird. Auch die Machbarkeitsstudie zur Umfahrung für Kirchtrudering steht aus. Wann mit dem Neubaugebiet am Rande Kirchtruderings begonnen wird, ist ebenfalls noch unklar.

Der Bezirksausschuss aber fordert, dass der Kopfbau "nach zehnjährigem Dahindümpeln" schnell einen dauerhaften Wirt findet. Dafür müsse die Stadt jetzt die richtigen Voraussetzungen schaffen. Es könne nicht angehen, dass ein Pächter selbst für einen Fernwärmeanschluss des bisher heizungslosen Bauwerks sorgen soll.

Ideen gibt es viele, aber das Denkmal muss erhalten werden

Auch die Stellplatzfrage müsse die Stadt klären. Die dafür langfristig vorgesehene Fläche südlich des alten Riemer Friedhofs hat sie bisher nicht kaufen können, es müsse eine provisorische Lösung her. Das gelte auch für die Zufahrt. Lasse der gültige Bebauungsplan das nicht zu, müsse man den Bereich eben herausschälen aus dessen Geltungsbereich: Dieses Verfahren hatte auch beim Bau der Helsinkischule Erfolg.

Ein Denkmal

Das "Online-Museum" zum 1937 bis 1939 nach Plänen von Ernst Sagebiel erbauten Flughafen Riem nennt die Tribüne "Zeppelin-Tribüne". Vier Meter sei sie hoch, 25 Meter tief, mit fünf Stufen. Die Tribüne ist auf der Rückseite von 16 Portalen erschlossen. Vor allem an Flugtagen strömten die Besucher zu diesem Aussichtspunkt. Ursprünglich reichte das leicht gerundete Bauwerk bis hinüber zur Wappenhalle, doch ein Teil musste im Olympiajahr 1972 einem Parkhaus weichen. Zuletzt genutzt wurde die Zuschauerterrasse am 10. August 1983 beim Besuch der Concorde in Riem. Früher habe sich unter den Stufen einmal eine Montageanlage befunden, später ein Lager, eine Champignonzucht, eine Unterdruckkammer und irgendwann auch ein Schießstand, so das "Online-Museum". Wie auch der Tower und die Wappenhalle wurde der Bau 1995 unter Denkmalschutz gestellt. re

Nur mit Heizung und Parkplätzen solle der Kopfbau angeboten werden, sonst wäre die Schwelle für Bewerber zu hoch. Schützenhilfe bekommt der Bezirksausschuss vom Kulturreferat. Dieses hat noch Geld im Topf für die "Kunstprojekte Riem" und hat sich als Standort für ein Werk im öffentlichen Raum, das dem Stadtrat demnächst vorgestellt werden soll, den Bereich der Tribüne auserkoren. Dazu aber müsse die Tribüne bereits stabil stehen.

Gegenwind allerdings bläst aus der Kämmerei: Diese weist darauf hin, dass ein Eigentümer gesetzlich zum Erhalt eines Denkmals verpflichtet sei, "soweit ihm das zuzumuten ist". Zumutbarkeit ist für die Kämmerei mit "Wertgewinn" verknüpft. Der sei hier nicht zu erwarten. Dem widerspricht der Bezirksausschuss vehement, er erinnert an die Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Auch der Erhalt von Bavaria oder Siegestor lasse sich ja nicht refinanzieren. Der BA verlangt dazu eine Stellungnahme des Landesdenkmalamtes.

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