Girls-Schauspielerin:Wie Lena Dunham Politik macht

Dunham Lenny Hillary

In der ersten Ausgabe von "Lenny" kommt Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zu Wort. Und mit Lena Dunham aufs Selfie.

(Foto: Lenny Letter)

Es beginnt mit einem unkritischen Interview mit Hillary Clinton: Per Newsletter will "Girls"-Star Lena Dunham ihre Fans zu einer "weiblichen Armee" für die Demokraten machen.

Von Sara Weber

2008 waren junge Frauen ihre große Schwäche. Das will Hillary Clinton in ihrem zweiten Präsidentschaftswahlkampf ändern. Auch mit Hilfe von Lena Dunham. Denn junge Frauen begeistern sich nicht genug für Clinton, dafür aber umso mehr für Dunham, Hauptdarstellerin der HBO-Serie "Girls". Sie will nicht nur mehr Schauspielerin und Vorzeige-Feministin sein. Ein Jahr vor den US-Präsidentschaftswahlen steigt sie in den Wahlkampf ein. Nicht als Kandidatin, sondern als Herausgeberin eines quasijournalistischen Magazins, das direkt in den Postfächern ihrer Fans landet. Das dürfte der demokratischen Kandidatin Clinton helfen.

"Lenny" heißt der Newsletter, den Dunham seit Ende September gemeinsam mit ihrer "Girls"-Produzentin Jenni Konner veröffentlicht. Woher der Name kommt? Lena + Jenni = Lenny, ganz einfach. Bereits vor Veröffentlichung der ersten Ausgabe hatte "Lenny" 163 000 Abonnenten, durch den Medienhype dürfte die Zahl deutlich höher liegen. Die Zielgruppe ist weiblich, 18 bis 35 Jahre und gebildet, eben die Art von Frau, die gerne "Girls" schaut - und die Clinton als Wählerinnen braucht.

Objektivität? Lieber nicht

Dunham und Konner haben drei Redakteurinnen angestellt und Gastautoren wie Jazmine Hughes vom New York Times Magazine angeworben, die dem Newsletter weiteres journalistisches Profil verleihen sollen. Und trotzdem: "Lenny" ist kein Journalismus, sondern eine weitere Möglichkeit für Lena Dunham, ihre politische Sicht an ihre Fans zu bringen, verpackt in interessante, emotionale, personalisierte Inhalte.

Im Einführungstext für die erste Ausgabe schreiben Dunham und Konner, dass sie mit "Lenny" einen Ort schaffen wollen, an dem sich Feministinnen ohne Hohn und Sarkasmus informieren können, darüber wie sie "wählen, essen, sich kleiden, Sex haben und besser leben" sollen. Nicht umsonst steht wählen hier ganz vorne, während Begriffe wie Distanz oder Objektivität nirgendwo auftauchen. Denn es schließt sich ein Interview mit Hillary Clinton an, das kaum distanzloser sein könnte - soweit ein Interview mit einer Präsidentschaftskandidatin jemals so wirklich distanzlos sein kann. Ein Auszug:

Dunham: "Unsere letzte Frage ist mit Abstand unsere wichtigste Frage: Wir müssen Sie zu diesem Kleid befragen."

Clinton: "Das ist eines meiner Lieblingskleider, darf ich mehr dazu erzählen?"

Dunham: "Bitte!"

Clinton: "Man nennt es ein Kalte-Schulter-Kleid. Und ich habe es für eines unserer ersten großen Veranstaltungen im Weißen Haus getragen, 1993. Meine Freundin Donna Karan hat es designt. Und wie alles, was ich mache, stellte es sich als umstritten heraus. Ich bin schwerlich eine Modeikone."

Dunham: "Doch, sind Sie!"

Ein paar Zeilen später versucht Dunham Clinton zu überreden, eben jenes Kleid wieder aus dem Schrank zu holen, "für die potenzielle Amtseinführung". Außer um das Kleid und Clintons Schultern ("Wir sollten mehr Schulterkram machen") geht es in dem Gespräch auch um Erinnerungen aus Studienzeit, Feminismus und die Frage, ob Clinton Angst hatte, ihre Identität durch die Ehe mit einem Mann zu verlieren, der so offensichtlich nach einem öffentlichen Amt strebte.

Vorwurf: Unnahbarkeit

Liest man das Interview, erscheint einem Clinton zugänglicher, menschlicher und damit auch wählbarer als bei vielen ihrer sonstigen Auftritte. Sicher: Auch Clinton ergibt sich den in den USA geforderten Medienzwängen, tritt bei der "Tonight Show with Jimmy Fallon" und "Saturday Night Live" auf. Dort tut sie so, als könnte sie auch mal über sich selbst lachen. Sie muss sich trotzdem immer wieder vorwerfen lassen, unnahbar zu sein.

Dunham verbreitet ihre politischen Ansichten gerne öffentlich. Auf der Lesereise zu ihren Memoiren "Not that kind of girl" wurde sie von Planned Parenthood begleitet, der Non-Profit-Organisation, die sexuelle Aufklärung leistet und eines der größten Feindbilder der Republikaner ist, weil sie auch Abtreibungen durchführt. Dort kam Dunham auch die Idee zu dem Newsletter - weil zu ihren Lesungen "vielbeschäftigte, leidenschaftliche, politische Frauen mit wirklich spannenden Ideen über die Welt" kamen, wie Dunham es in einem Interview beschreibt. Und ein Newsletter sei nunmal "der direkteste Weg, um ein größeres Publikum junger Frauen zu erreichen".

Lena Dunhams Newsletter Lenny

Die Non-Profit-Organisation Planned Parenthood hat bei "Lenny" eine eigene Kolumne.

(Foto: Lenny Letter)

Für die Ehe für alle, gegen Polizeigewalt

In "Lenny" geht es nicht nur um politische Themen, sondern auch um Jeans, Kochrezepte und Periodenfragen. Zugleich darf Planned Parenthood eine Kolumne über Frauen und Gesundheit im Newsletter beisteuern, sie heißt "Gerüchte, die ich über meinen Körper gehört habe" und lässt sich am ehesten mit Dr. Sommer für Frauen beschreiben. Auch die Ehe für alle ist Thema in "Lenny" (Dunham äußerte mehrfach öffentlich, dass sie ihren Freund erst dann heiraten wolle, wenn auch homosexuelle Paare überall in den USA heiraten dürfen), genau wie Polizeigewalt gegen Schwarze. Damit will Dunham wohl auch den Vorwurf entkräften, nur ein weißes Publikum bedienen zu wollen - in der Serie "Girls" sind alle Hauptdarstellerinnen weiß, eine Tatsache, für die die Linke Dunham stark kritisiert wurde.

Das ist auch für Hillary Clinton wichtig, die 2008 gegen Barack Obama bei den afroamerikanischen Frauen in den Umfragen deutlich hinten lag. Von "Lenny" sollen nun alle Frauen angesprochen werden - unabhängig von der Hautfarbe - und Dunham soll ihr Vorbild sein, auch in Sachen politischer Meinungsbildung. Oder wie Newsletter-Mitgründerin Konner es in einem Interview ausdrückte: "Wir wollen eine weibliche Armee!"

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