Kirch-Prozess:Salzbrezeln mit Ackermann

Christiane Serini

Oberstaatsanwältin Christiane Serini im Münchner Prozess um die Deutsche Bank.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Oberstaatsanwältin Serini tut sich schwer mit der Anklage im Deutsche-Bank-Prozess.

Von Stephan Radomsky

Eigentlich hätte es schneller gehen sollen, zumindest nach dem Plan des Vorsitzenden Richters. Aber Christiane Serini will an diesem Dienstag erzählen. Sie ist Oberstaatsanwältin und Chefanklägerin im Strafprozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier weitere Ex-Top-Banker des Instituts. Eine solche Chance bietet sich der ehrgeizigen Juristin nicht allzu oft: Sie darf nochmals als Zeugin aussagen - und damit vielleicht doch noch ihre Anklage retten.

Vor dem Landgericht München kämpft Serini seit Ende April zunehmend verbissen darum, Fitschen, den beiden Ex-Chefs der Bank, Josef Ackermann und Rolf-Ernst Breuer, sowie zwei weiteren ehemaligen Vorständen einen versuchten Prozessbetrug im Zivilverfahren mit dem Medienunternehmer Leo Kirch nachzuweisen. Die Chancen dafür stehen nach mehreren deutlichen Hinweisen des Vorsitzenden Richters Peter Noll aber nicht sonderlich gut: "Mausetot" sei der Prozess, wenn die Staatsanwälte nicht nachweisen könnten, dass Breuer und seine damaligen Vorstandskollegen Kirch Anfang 2002 vorsätzlich und sittenwidrig schädigen wollten, sagte Noll bereits vor Wochen. Nur einer von mehreren schweren Dämpfern, die Serini kassiert hat.

Die dürfte das durchaus persönlich nehmen, gilt die 43-jährige Juristin mit der Nana-Mouskouri-Brille doch als treibende Kraft hinter der Anklage. Entsprechend motiviert geht sie am Dienstag in ihre zweite Befragung als Zeugin: Sie soll über ihre Vernehmungen von vier der fünf Angeklagten berichten, eine nach der anderen. Mehr als eine Stunde dauert gleich zu Beginn allein die Erzählung über die beiden Termine mit Fitschen - und das, obwohl sie extrem schnell spricht und sich verhaspelt, so dass es mitunter schwer ist, ihr zu folgen. Noch einmal über eine Stunde geht es später um die gut 16-stündige Vernehmung von Ackermann. Serini ist bestens präpariert und um einen souveränen Auftritt bemüht. Der Erkenntniswert ist allerdings gering: Dass sie sich zu später Stunde, quasi als Abendessen, eine Tüte Salzbrezeln mit dem Ex-Bankchef teilte, berichtet die Oberstaatsanwältin. Und dass Ackermann einen "jungenhaften Charme" entwickeln könne.

Wenigstens auf sich selbst kann Serini sich verlassen

Zur Wahrheitsfindung trägt das kaum bei, trotzdem: Auf sich selbst kann Serini sich wenigstens verlassen. Sie schafft es immer wieder, ungefragt Aussagen einzustreuen. Und sie zeigt, wie viel sie über Kirch und die Deutschen Bank weiß. Zu viel vielleicht. Allein der Anklagesatz umfasst 112 Seiten, Serini hat ihn maßgeblich geschrieben. Genauso übrigens wie die Vernehmungsprotokolle. Auch die habe sie selbst getippt, sagt sie aus.

Alles dreht sich dort um einen Vorwurf: Dass die Deutsche Bank unter Führung Breuers Anfang 2002 Kirch gezielt unter Druck setzen wollte, um das Konglomerat anschließend gewinnbringend filetieren zu dürfen. Im folgenden Zivilprozess, in dem die Deutsche Bank schließlich zu Schadenersatz an Kirchs Erben verurteilt wurde und sich mit ihnen auf eine Summe von 925 Millionen Euro einigte, sollen die angeklagten Manager dann versucht haben, ihre Pläne durch abgesprochene und falsche Aussagen zu verschleiern.

Mit ihren zentralen Zeugen konnte Serini das bisher nicht belegen. Mehrere mögliche Schlüssel-Aussagen verliefen zumindest aus ihrer Sicht enttäuschend: Weder der Ex-Investmentbanker Christian Graf Thun-Hohenstein noch der Journalist Michael Storfner etwa stützten die Geschichte der Staatsanwaltschaft. Die Anklägerin ist also in der Defensive. Aber etwas Zeit bleibt ihr noch: Mindestens ein weiteres mal wird sie als Zeugin auftreten, in zwei Wochen. Und getagt wird wohl bis Jahresende.

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