Windradmonteure:Arbeitsplatz in 150 Metern Höhe

Artur Woszniak 
Arbeiter auf der Windradbaustelle bei Berg

Nebel verdüstert die Aussicht, doch dafür hat Artur Wozniak sowieso keinen Blick. Er arbeitet in fast 150 Metern Höhe auf einem Windrad.

(Foto: oh)

Ein 25 Tonnen schweres Rotorblatt an einem Windrad anbringen - Alltag für Artur Wozniak. Die Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiter sind streng.

Von Otto Fritscher

Es ist ein kalter Wind, der über die Baustelle pfeift, und man kann sich gut vorstellen, wie ungemütlich es erst da oben sein muss. Da oben - das ist die Spitze des Mastes, an dem die Rotorblätter montiert werden müssen, damit aus dem nackten Turm ein Windrad wird.

Und da oben, in 149 Metern Höhe ist der Arbeitsplatz von Artur Wozniak. Er gehört zu den 25 Männern des Bautrupps, die die Windräder in den Wadlhäuser Gräben, an der Gemeindegrenze von Berg und Schäftlarn, aufbauen. Heute, an diesem düsteren Oktobertag, verschwindet das Mastende in Nebelfetzen, doch auch hier unten, im Baustellen-Container, ist es nicht viel gemütlicher. Ein Resopaltisch mit ein paar einfachen Stühlen außen rum, Wasserflaschen drauf, im Eck ein Laptop.

Eine internationale Truppe

Wozniak scheint das nichts auszumachen. Der stämmige Mann lacht, und sagt dann in rauem Englisch: "Good job, hard work." Mit dem Deutschen hat es der 30-jährige Pole nicht so, das macht aber auch nichts, denn die Sprache hier, auf der Baustelle der vier Windräder, ist ohnehin Englisch. Es ist eine internationale Truppe, die unter der Leitung von Udo Janssen arbeitet: "Dänen, Polen, Griechen, Deutsche, und, ach ja, Österreicher", zählt Janssen auf. Alles Spezialisten, die schon diverse Windräder montiert haben - und sich auf dem Arbeitsplatz in luftiger Höhe wohlzufühlen scheinen.

So wie Artur Wozniak. Seit zwei Jahren arbeitet er beim Bau von Windrädern, vorher war er Elektriker bei einer kleinen Firma in Polen. "Ich wollte einfach mal was anderes machen", sagt er. Das ist Wozniak auch gelungen. Vorher hat er Wasserpumpen angeschlossen, jetzt sind es die riesigen, zirka 50 Meter langen und 25 Tonnen schweren Rotorblätter eines Windrades.

Ob er schwindelfrei ist? Darüber habe er sich noch gar keine Gedanken gemacht, sagt Wozniak. Wird ihm manchmal mulmig, wenn da oben mit "Riesengewichten gearbeitet wird, die an einem Kran hängen und von einer starken Windböe schon mal ins Schwingen gebracht werden können", wie Bauleiter Janssen sagt. Auch das verneint Wozniak. "Wir sind ja immer gesichert", sagt er. Gefährlich werden könne es aber, "wenn ein Objekt, ein Schraubenzieher oder so, runterfällt." Nicht aus zwei, sondern aus mehr als 100 Metern Höhe.

Berg Windradbaustelle

Sicherheit steht bei der Arbeit auf der Windradbaustelle ganz oben. Nur für den Fotografen nimmt Artur Wozniak mal den Helm ab.

(Foto: Georgine Treybal)

Eine halbe Stunde bis nach oben

Allein der Weg zu seinem Arbeitsplatz ist beschwerlich. Wozniak muss über Leitern im Turminneren nach oben klettern, ein Fahrstuhl wird erst eingebaut, wenn die Rotorblätter dran sind und die Elektrik an die Reihe kommt. Eine halbe Stunde dauert die Kletterei nach oben, runter geht es etwas schneller.

Trainiert wird regelmäßig auch das Abseilen aus großen Höhe, wenn es schnell gehen muss, wenn etwa Sturm oder ein Gewitter im Anzug sind. Man könnte sich vorstellen, dass Klettern ein Hobby von Wozniak ist. Er schüttelt den Kopf und sagt: "Ich war schon in den Bergen, mit meiner Familie in der Tatra, aber nur zum Wandern."

Maximal zehn Stunden dauert eine Schicht, oft ist es Feinarbeit, manchmal müssen die Männer auch kräftig hinlangen, etwa wenn ein Gewicht von 20 Tonnen montiert wird, um zwei schon angeflanschte Rotorblätter so zu drehen, dass das dritte angeschraubt werden kann. Der Trupp wohnt in einem Hotel in Wolfratshausen.

Wenig Bier - aber nicht spaßfrei

Gehen sie nach der Arbeit so richtig einen draufmachen? Wozniak lacht wieder und schüttelt den Kopf. "Wir müssen uns auf den nächsten Tag vorbereiten, Pläne und Anweisungen lesen." Wie, kein Besuch auf dem Oktoberfest? "Doch, schon", sagt Chef Udo Janssen, "wir waren an einem Samstagvormittag zwei Stunden. Jeder hat höchstens eine halbe Maß getrunken, dann sind wir wieder gegangen."

Eine spaßfreie Truppe aus zumeist jungen Männern? Nun, ganz so ist es wohl doch nicht. Am Wochenende geht es in die Disco. Und wie ist es mit Alkohol? "Wer auf einer Windradbaustelle arbeitet, trinkt unter der Woche grundsätzlich nichts", sagt Janssen und holt einen Alkomaten hervor. "Wir kontrollieren das."

Sechs Wochen dauert eine Schicht, dann geht es zwei Wochen nach Hause, in eine Stadt südlich von Stettin, zur Frau und der dreijährigen Tochter. Wozniak will sich mal ein Haus kaufen. Und noch zehn Jahre Windräder montieren. Aber nicht nur des Geldes wegen. "Es ist eine Arbeit für richtige Männer."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: