Pegida in München:Islamfeindlich und antisemitisch in einem

Pegida in München: Treffpunkt für Rechtsextremisten: die Pegida-Demonstration am Montag auf dem Odeonsplatz

Treffpunkt für Rechtsextremisten: die Pegida-Demonstration am Montag auf dem Odeonsplatz

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Der Pegida-Ableger in München zeigt sich nicht nur islamfeindlich. Wiederholt gab es antisemitische Äußerungen von Aktivisten.
  • Mittlerweile ermittelt das Landeskriminalamt gegen Pegida-Vorstand Heinz Meyer.
  • Auch im Internet schüren die Pegida-Verantwortlichen Ressentiments gegen Juden.

Von Martin Bernstein

Offene Pöbeleien gegen Juden auf Facebook, Verharmlosung der nationalsozialistischen Gräueltaten, Kontakte zu den verurteilten Rechtsterroristen, die 2003 einen Sprengstoffanschlag auf die jüdische Gemeinde geplant hatten - Pegida München zeigt sich unverhohlen antisemitisch. Das alarmiert auch den bayerischen Verfassungsschutz.

Marian Offman hat das vorhergesehen. Der CSU-Stadtrat, Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde, sagte schon Anfang Januar als Redner auf der großen Anti-Pegida-Kundgebung am Sendlinger Tor, vom Antiislamismus sei es nur ein kleiner Schritt zum Antijudaismus: Wer heute vor der angeblichen Islamisierung warne, werde morgen von einer Verschwörung des Weltjudentums reden.

Er hat es am eigenen Leib erfahren: Von Islamhassern bekommt er immer wieder massiv antisemitische Schreiben. Offman: "Das sind zwei Seiten derselben Medaille."

Bei Pegida München ist diese zweite Seite jetzt offen sichtbar. Aus der Pegida-Kundgebung vom Montag heraus hatte der Neonazi Karl-Heinz Statzberger zusammen mit sieben Gesinnungsgenossen das Podium der Feldherrnhalle geentert.

Ermittlungen des Landeskriminalamtes

Pegida-Dauerteilnehmer Statzberger hatte sich 2003 an der Planung des Sprengstoffanschlags auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Gemeindezentrums in München beteiligt und verbüßte als verurteiltes Mitglied der terroristischen Vereinigung um Martin Wiese eine Gefängnisstrafe.

Zu dem 2005 zu sieben Jahren Haft verurteilten Wiese wiederum soll - das berichtet der Spiegel in seiner jüngsten Ausgabe - Pegida-Vorstand Heinz Meyer Kontakte gehabt haben. Gegen Meyer ermittelt seit 2012 das Landeskriminalamt im Auftrag des Generalbundesanwalts.

Der Vorwurf: Verdacht auf Bildung einer terroristischen Vereinigung. Weder Meyer noch die Sprecherin des Generalbundesanwalts haben sich bislang zu Inhalten des laufenden Verfahrens geäußert.

Auf ihren Kundgebungen schwenken die rund 200 Münchner Pegida-Anhänger gerne eine Israel-Fahne. Doch daneben taucht dann, wie am Montag, auch schon mal die Reichskriegsflagge auf und es wird gegen die "Hochfinanz" gewettert.

Wie Pegida im Internet hetzt

Gleichzeitig schürt der Pegida-Vorstand in den sozialen Netzwerken Ressentiments gegen Juden. So postete wenige Stunden vor der Kundgebung am Montag ein Verantwortlicher von Pegida München e.V. eine antisemitische Hetzschrift gegen den Filmproduzenten David Groenewold, in der es unter anderem heißt: "Das (sic!) die Juden nicht nur fast 100% aller Filme in den USA produzieren, sondern auch im deutschen Filmgeschäft kräftig mitmischen, sollte zur Allgemeinbildung gehören."

Es ist das antisemitische Stereotyp von der jüdischen Weltverschwörung. Also genau die Hetze, vor der Marian Offman gewarnt hat. Pegida München zitiert diesen Text nicht nur, sondern unterstreicht ihn. Und das Buhlen um Zustimmung von Rechtsaußen kommt an, bei einigen zumindest.

Das alles könne ja kein Zufall sein, schreibt ein Anhänger, der sich an anderer Stelle - inzwischen gelöscht - darüber auslässt, dass die Juden schuld an Deutschlands Untergang gewesen seien.

Ein anderer Pegida-Anhänger freilich mault: "Man sollte an Beiträge, die irgend etwas über jüdische Verschwörungen munkeln, höhere Qualitäts- und Beweislastanforderungen stellen." Antwort der Pegida-Redakteure: "Auf die Munkel-Gedanken kommt jeder für sich selbst."

Auch eine weitere Antwort der Münchner Pegida an eine Besucherin ihrer Facebook-Seite offenbart Einblicke in das Weltbild der "Patriotischen Europäer": Die "anerkannte Definition" für Nationalsozialismus sei das Führen eines Angriffskriegs gegen andere Nationen.

Weil aber Pegida keinen Angriffskrieg führe, könne man der Bewegung auch keine Nähe zum Nationalsozialismus vorwerfen. Und überhaupt: "Wieso bringen Sie ,Deutschland' mit ,Nationalsozialismus' in gedankliche Verbindung?"

Unter Beobachtung des Verfassungsschutzes

Antisemitische Tendenzen bei Pegida beobachtet auch das Landesamt für Verfassungsschutz. Derartige Informationen, das betont Sprecher Markus Schäfert ausdrücklich, "werden laufend analysiert und bewertet und das kann - wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen - auch zu einer Neubewertung der Gruppierung in ihrer Gesamtheit führen."

Bisher gebe es "noch keine hinreichenden Gründe, Pegida München in seiner Gänze als extremistisch einzuschätzen". Doch das sei "ein dynamischer Prozess". Die Schnittmengen der bayerischen Pegida-Ableger mit dem Rechtsextremismus habe der Verfassungsschutz von Anfang an im Blick gehabt. "Das gilt nicht zuletzt auch für Bagida als Vorläufer von Pegida München."

Antisemitismus bei Pegida: Für Marian Offman ist das eine "gruselige Entwicklung" . Überrascht hat sie ihn nicht.

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