Spionage unter Freunden:Wagenknecht sieht "genug Rücktrittsgründe" für BND-Chef

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Sahra Wagenknecht, Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke, am 15.10.2015 im Deutschen Bundestag in Berlin. (Foto: dpa)
  • Linke-Fraktionschefin Wagenknecht sieht angesichts der Spionageaffäre genug Rücktrittsgründe von BND-Chef Schindler. Doch noch wichtiger wäre ein belastbares No-Spy-Abkommen mit den USA.
  • Grünen-Politiker von Notz stellt den Verbleib von Schindler im Amt in Frage, sollten sich die Berichte bewahrheiten, nach denen der BND auch enge Verbündete bespitzelt hat.
  • Das Kanzleramt hat Auslandsgeheimdienst angewiesen, den "sehr komplexen Sachverhalt vollständig aufzuklären". Auf eine Frage nach dem Rücktritt von Schindler weicht der Regierungssprecher aus.

Von Oliver Das Gupta

"Freunde bespitzeln - das geht offenbar bestens und sogar gegenseitig"

Nach den neuesten Enthüllungen über die Spitzelaktivitäten steigt der Druck auf den Bundesnachrichtendienst (BND). Der deutsche Auslandsgeheimdienst soll bis weit ins Jahr 2013 Partnerstaaten der Bundesrepublik ausgespäht haben.

"Freunde bespitzeln - das geht offenbar bestens und sogar gegenseitig", sagte die Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht am Freitag zur Süddeutschen Zeitung. Seit dem Beginn der Spitzelskandals im Sommer 2013 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stets die Spionage unter befreundeten Staaten zum Tabu erklärt.

Nach neuen Berichten über unzulässige Abhöraktivitäten des BND stellen Linke und Grüne den Verbleib von Behördenchef Gerhard Schindler in Frage. Der Obmann der grünen Bundestagsfraktion im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, sagte der Mitteldeutschen Zeitung: "Wenn das alles so stimmt, dann wird man im Bundeskanzleramt und im Bundesnachrichtendienst um Konsequenzen nicht herum kommen." Die Parlamentarier seien belogen worden. "Natürlich steht dann auch der BND-Präsident zur Disposition."

Auch Wagenknecht sieht "genug Rücktrittsgründe" für den BND-Chef. Doch "wichtiger als jedes Bauernopfer wäre jetzt endlich ein belastbares No-spy-Abkommen mit den USA", sagte sie zur SZ.

Regierung drängt BND zu Aufklärung

Zuvor hatte sich das Kanzleramt zu der Sache geäußert. Kanzleramtschef Peter Altmaier beteuerte im Deutschlandfunk, für die Regierung bleibe das Ausspionieren befreundeter Staaten ein Tabu.

Der Christdemokrat, der die deutschen Geheimdienste koordiniert, vermied es, sich zu den jüngsten Enthüllungen konkret zu äußern. "Wir haben über diese Fragen (...) die zuständigen parlamentarischen Gremien informiert", sagte er lediglich.

Dabei verwies er auf frühere eigene Äußerungen, nach denen beim BND "einige Dinge schiefgelaufen sind und dass diese Dinge aufgeklärt werden". Nicht beantworten wollte er mit Hinweis auf die Vertraulichkeit solch sensibler Fragen, ob das Kanzleramt über die jüngst bekanntgewordenen Vorgänge informiert gewesen oder ob es vom BND hintergangen worden sei.

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte wenig später das Diktum von Kanzlerin Merkel, dass das Ausspionieren unter Freunden ein Tabu sei.

Interessant ist allerdings, was Seibert mit Blick auf die BND-Spitze andeutete. Auf die Frage, ob Schindler im Amt bleiben könne, antwortete er: "Das Bundeskanzleramt steht zu dem in den Presseveröffentlichungen thematisierten Vorgang mit dem Bundesnachrichtendienst im intensiven Kontakt." Das Kanzleramt habe den Auslandsgeheimdienst angewiesen, den "sehr komplexen Sachverhalt vollständig aufzuklären". Darauf konzentriere sich die Bundesregierung jetzt.

Entschwurbelt heißt das wohl, dass Schindler und seine Leute in Erklärungsnot sind. Und das Kanzleramt behauptet, bislang nicht vollständig über die Aktivitäten der Pullacher Schnüffler informiert gewesen zu sein.

Mit Material von dpa.

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