Dresden:Viel Zulauf für Pegida

Mehr als 15 000 Anhänger protestieren in Dresden gegen die Flüchtlingspolitik und rufen rechte Parolen.Fast ebenso viele Menschen treten ihnen entgegen.

Von J. Bielicki und C. Hickmann, Berlin

Ein Jahr nach ihrer Gründung erhält die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung wieder starken Zulauf. Etwa 15 000 bis 20 000 ihrer Anhänger versammelten sich laut Schätzungen der Studentengruppe "Durchgezählt" am Montagabend zu einer Kundgebung vor der Dresdner Semperoper. Viele von ihnen skandierten Parolen wie "Merkel muss weg", "Volksverräter" und den bei Rechtsradikalen gebräuchlichen Ruf "Widerstand". Auch 15 000 bis 19 000 Gegner der Bewegung zogen in die Dresdner Innenstadt , darunter die Linken-Bundesvorsitzende Katja Kipping und Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Unter dem Motto "Herz statt Hetze" hatte ein breiten Bündnis von Parteien, Gewerkschaften und anderen Initiativen zu Protesten gegen den Pegida-Aufmarsch aufgerufen. Am Rande der Demonstrationen kam es zu Zusammenstößen, dabei wurde ein Pegida-Anhänger nach Angaben der Polizei geschlagen und schwer verletzt.

Bereits vor dem Demonstrationsabend hatten Spitzenpolitiker verschiedener Parteien vor zunehmender Radikalisierung und Hetze gewarnt. "Pegida ist eine rechtspopulistische und in Teilen offen rechtsradikale Empörungsbewegung geworden", sagte Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) der Süddeutschen Zeitung. "Die Protagonisten stellen inzwischen sogar die Grundlagen der Demokratie infrage, indem sie diese Demokratie mit den Kampfbegriffen der NSDAP in der Weimarer Republik als ,Altparteien-Demokratie' und die Parlamente als ,Quasselbude von Volksverrätern' umzudeuten versuchen und die Medien als ,Lügenpresse' denunzieren."

Um die Pegida-Bewegung war es zwischenzeitlich deutlich ruhiger geworden, bevor sie durch die Flüchtlings-Debatte neuen Aufwind bekam. Gabriel selbst hatte Anfang des Jahres eine Diskussionsrunde mit Anhängern und Gegnern von Pegida besucht. Nun jedoch sei Pegida "zum Reservoir rassistischer Fremdenfeindlichkeit geworden" und "der verlängerte und sprachlich brutalisierende Arm der AfD und der NPD auf der Straße", sagte er. Die "Agitatoren von AfD und Pegida" seien "längst nicht mehr Biedermeier, sondern gefährliche Brandstifter", sagte Gabriel. Er verwies auf die Messerattacke auf die inzwischen zur Oberbürgermeisterin in Köln gewählte Henriette Reker: "Aufgrund ihrer Parolen empfinden sich einzelne Fanatiker als Vollstrecker des ,gesunden Volksempfindens', wenn sie sogar Mordattacken gegen Vertreter der Demokratie planen und durchführen." Ähnlich äußerte sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). "Die bedrückenden Ereignisse von Dresden und Köln zeigen, wie schnell erlaubter Protest in üble Hetze und blanke Gewalt münden kann", sagte sie der SZ. Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) warnte vor Hetze gegen Politiker und Flüchtlinge: "Pegida sät den Hass, der dann zur Gewalt wird." Die Bewegung hatte bereits vor einer Woche etwa 8000 Anhänger auf die Straße gebracht. Im Zusammenhang mit einer dabei gezeigten Galgenattrappe vernahm die Staatsanwaltschaft Dresden nun mehrere Verdächtige.

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