Weltraumforschung:Besuch beim heißen Nachbarn

Die Raumsonde "Messenger" erreicht heute Merkur, den sonnennächsten Planeten. Aber damit ist ihre Reise noch lange nicht vorbei.

Alexander Stirn

Er ist so nah und doch so fremd: An guten Tagen zieht Merkur, der sonnennächste Planet, seine Kreise in weniger als 80 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde - in astronomischen Dimensionen ein Klacks. Und trotzdem hatte der kleinste Planet im Sonnensystem bislang nur einmal Besuch von der Erde.

Weltraumforschung: So stellen sich die Forscher den Vorbeiflug der Sonde vor.

So stellen sich die Forscher den Vorbeiflug der Sonde vor.

(Foto: Foto: Nasa/Johns Hopkins University/ddp)

Bis jetzt, denn für den späten Montagabend war - nach mehr als 30 Jahren Pause - eine Stippvisite angesagt. In knapp 200 Kilometern Höhe sollte die amerikanische Sonde Messenger am Merkur vorbeifliegen.

Das Raumfahrzeug sollte 1200 Bilder bisher unbekannter Gebiete aufnehmen. Es sollte komplexe Experimente starten und so die zahllosen Geheimnisse des Himmelskörpers lüften. Ob das alles geklappt hat, werden die Forscher frühestens Dienstag abend erfahren.

Große Hoffnungen setzen die an der Mission beteiligten Wissenschaftler unter anderem in die ersten detaillierten Höhenkarten des kleinen Unbekannten: "Mit einem Laserstrahl tasten wir die Oberfläche des Merkur entlang der Flugbahn ab und erhalten so ein Höhenprofil", sagt Jürgen Oberst vom Berliner Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Oberst und sein DLR-Kollege Jörn Helbert sind die beiden einzigen nicht-amerikanischen Wissenschaftler, die an der Messenger-Mission beteiligt sind.

Neben Daten zu Größe, Form und Aufbau des Planeten, soll die Sonde auch Aufschluss über dessen Magnet- und Schwerefeld, die Rotation und die Zusammensetzung der Oberfläche liefern. All diese Daten könnten letztlich helfen, die Entstehung von Merkur - und damit auch der Erde - besser zu verstehen.

Noch immer ein Rätsel

Für Wissenschaftler stellt der innerste Planet des Sonnensystems noch immer in vielen Bereichen ein Rätsel dar. "All unser Wissen über die Mineralogie der Merkuroberfläche beruht auf bodengebundenen Beobachtungen und den mehr als 30 Jahre alten Daten der Mission Mariner 10", sagt Jörn Helbert.

Dreimal flog die amerikanische Mariner-Sonde 1974 und 1975 an Merkur vorbei, konnte dabei aber nur eine Seite des steinigen Planeten beobachten. Den Rest hatte vor Messenger noch keine Raumsonde gesehen.

Wegen seiner Nähe zur Sonne gilt Merkur als besonders heikles Ziel für irdische Missionen. Der Mini-Planet, mit 4880 Kilometern Durchmesser nicht viel größer als der Erdenmond, umrundet das Zentralgestirn in durchschnittlich weniger als 60 Millionen Kilometern Entfernung.

Messenger hatte bei seinem Annäherungsversuch daher nicht nur mit der starken Anziehungskraft der Sonne zu kämpfen, sondern auch mit einer hohen Strahlenbelastung und Temperaturen von bis zu 370 Grad Celsius.

Nach dem Vorbeiflug ist Messengers heißer Job noch lange nicht getan. Als nächstes soll die vor dreieinhalb Jahren gestartete Sonde erneut die Sonne umrunden, um im Oktober 2008 und im September 2009 zwei weitere Male in geringer Entfernung am Merkur vorbeizufliegen. Als erste Raumsonde soll Messenger schließlich am 18. März 2011 aus eigener Kraft in eine Umlaufbahn um Merkur einschwenken. Bis dahin wird Messenger die Sonne 15 Mal umrundet und insgesamt acht Milliarden Kilometer zurückgelegt haben.

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