Fleischkonsum:Auch eine Wurst muss nicht gefährlich sein

Wurst

Problematisch ist bei Fleisch- und Wurstwaren vor allem die industrielle Verarbeitung.

(Foto: dpa)

Es geht weniger darum, dass Fleisch selbst ein schlechtes Lebensmittel ist. Die Krebsagentur der WHO verfehlt in ihrem Urteil ein zentrales Problem.

Kommentar von Kathrin Zinkant

Hat der Mensch überhaupt noch eine Chance, ein halbwegs normales Verhältnis zum Essen zu entwickeln? Mit der Entscheidung, rotes Fleisch als erstes Grundnahrungsmittel als "wahrscheinlich krebserregend" einzustufen, hat die Krebsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) dies nicht wahrscheinlicher gemacht.

Gewiss, seit Jahren häufen sich zarte Hinweise, dass der Verzehr von sehr viel Fleisch die Entstehung von Krebs begünstigt. Die Effekte sind zwar klein, aber sie dokumentieren letztlich auch nur, dass "zu viel" niemals gesund ist. Es leuchtet jedenfalls ein, dass täglich eine dicke Portion Schweinsbraten oder ein T-Bone-Steak niemandem guttut. Weniger Fleisch zu essen, das wäre nicht verkehrt. Des Gewichts, aber auch des Tierwohls wegen. Gerade die Massentierhaltung hat in den vergangenen Jahren viele Menschen aufgebracht. Sie bringt durch den hohen Antibiotikaverbrauch ohnehin schon genug Probleme mit sich.

Trotzdem verfehlt die IARC mit ihrem Urteil ein wichtiges, wenn nicht das zentrale Problem. Denn es geht weniger darum, dass Fleisch selbst ein schlechtes Lebensmittel wäre, das zu vermeiden ein Ziel sein muss. Auch eine Wurst muss nicht gefährlich sein. Vielmehr ist der zentrale Punkt die Massenproduktion. Möglich wird sie allein durch die industrielle Verarbeitung. Und gerade die ist es, die den Verzehr von Wurst und Schinken ganz erheblich in die Höhe treibt.

Damit die Wurst hält und gut aussieht

Das Komitee hebt dieses "verarbeitete Fleisch" in seiner Bewertung zwar hervor - nur dieses sei definitiv krebserregend. Mit Verarbeiten meint die IARC allerdings nur die Verwandlung in Wurst als solche. Nicht etwa den Zusatz von Chemikalien wie Glukosesirup, Dextrose, Di- und Triphosphate, Natriumnitrit und Kaliumsorbat, all jenen Stoffen, die im Zuge des industriellen Herstellungsprozesses von haufenweise Salami, hauchdünnem und fettarmem Geflügelaufschnitt oder fertigen Frikadellen notwendig werden, damit die Wurst hält, gut aussieht, und trotz der minderwertigen Rohstoffe auch noch nach etwas schmeckt.

Die IARC selbst betont dabei, dass man nicht sicher wisse, wie genau denn der Krebs im Darm des Fleischessers entsteht. Sie macht vor allem Stoffe verantwortlich, die beim Kochen und Braten entstehen. Aber wer würde denn glauben, dass der Chemikalienpark im Würstel und Aufschnitt völlig unbeteiligt ist? Fest steht, dass erst diese Stoffe das Fundament für die abgepackte, billige Masseware legen, die immer mehr Menschen immer mehr essen lässt - und sie dadurch krank macht. Das zu erkennen - es wäre wohl gesünder und hilfreicher, als Fleisch grundsätzlich zu verurteilen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: