Misshandlung an Baby:Vater zu Haftstrafe verurteilt

Als der Vater zum ersten Mal allein für seine elf Wochen alte Tochter verantwortlich war, kam es zur Katastrophe. Das Baby starb in Folge von Misshandlungen. Jetzt wurde der Vater verurteilt.

Juliette war nach den Worten des Vorsitzenden Richters des Landgerichts Rostock ein gesundes, rosiges und altersgerecht entwickeltes Baby - bis zum Abend des 4. September 2007. Da war der heute 36-jährige Vater zum ersten Mal allein für seine elf Wochen alte Tochter verantwortlich, weil die Mutter nach der Geburt Juliettes wieder ihrer Arbeit nachging. Der Abend endete in einer Katastrophe.

Juliette wurde von ihrem Vater so massiv geschüttelt, dass sie schwerste Hirnschädigungen erlitt. Anfang November 2007 starb das Mädchen in einer Rehabilitationsklinik an den Folgen einer Infektion der Atemwege und Lungenentzündung. Wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilte das Landgericht Rostock den Vater am Mittwoch zu drei Jahren und elf Monaten Haft.

Der Richter schilderte in seiner Urteilsbegründung die Darstellungder Tat durch den Angeklagten. Dem arbeitslosen Mann zufolge hatte sich das Kind an der von der Mutter bereitgestellten Milch verschluckt. In Panik habe er das Baby mit beiden Händen an den Füßen gepackt, es kopfüber nach unten gehalten und geschüttelt. Als Juliette die Augen verdrehte und die kleinen Ärmchen leblos nach unten hingen, habe er den Notarzt gerufen. Der Mann wirkte nach Angaben der herbeigeeilten Helfer ruhig und gelassen. Dass er das Kind zuvor geschüttelt hatte, habe er nicht erzählt.

Die Darstellung des Angeklagten stieß beim Gericht auf Unglauben: "Wir nehmen ihm das nicht ab", sagte der Richter. Denn ein Säugling wisse sich gegen Verschlucken zu wehren - beispielsweise mit Husten. Es müsse ihm bewusst gewesen sein, dass das Schütteln schwerste Schäden hervorrufen kann. Er habe das billigend in Kauf genommen.

Eindrücklich zitierte der Richter aus den medizinischen Gutachten. Ein Trauma dieses Ausmaßes bekomme ein Kind nicht nur vom bloßen Hin- und Herschwingen. Der Mann müsse das Kind so hin und her geschüttelt haben, dass der kleine, im Verhältnis zum Körper sehr schwere Kopf mehrmals ungeschützt hin und her geflogen, ja rotiert, sei. In der Klinik sei das Schütteltrauma sofort diagnostiziert worden. Später wurde vom "massiven Untergang ganzer Hirnregionen" gesprochen. Ein Säugling habe nur eine Möglichkeit, sich zu wehren, sagte der Richter. "Durch Schreien." Juliette war völlig wehrlos.

"Rigides Erziehungsmodell"

Der Richter schilderte auch, dass sich die Eltern vor dem tragischen Abend liebevoll um das Kind gekümmert haben. Wenige Wochen zuvor habe das Kind allerdings angefangen, öfter und langanhaltend zu weinen. Ärzte hätten versucht, die besorgten Eltern zu beruhigen. Schreien in diesem Alter sei völlig normal.

Eine Erklärung fand das Gericht nicht für die Vorgänge an diesem September-Abend. Der mehrfach vorbestrafte Vater sei bei seinen beiden Stiefsöhnen aber durch sein "rigides Erziehungsmodell" aufgefallen. War einer der Jungs nicht pünktlich, habe es eine Woche Hausarrest gegeben.

Erschwerend sei gewertet worden, dass der Angeklagte in der Verhandlung Druck auf seinen verhaltensauffälligen Stiefsohn auswirken wollte. "Du weißt doch, was Du heute zu sagen hast", zitierte der Richter den Angeklagten. Der Junge war am Tatabend mit in der Wohnung. Der heute 17-Jährige sei schwer traumatisiert. Er habe den gewaltsamen Tod seiner kleinen Schwester miterleben müssen.

In seinem Schlusswort hatte der Angeklagte gesagt, es tue ihm leid. Er wisse, dass er einen Fehler begangen habe.

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