Russland:Was Gabriel und Putin besprochen haben

Vladimir Putin, Sigmar Gabriel

Auge in Auge: Putin und Gabriel

(Foto: AP)
  • Wirtschaftsminister Gabriel war zu Besuch in Moskau und äußerte sich dort auch als Gelegenheitsaußenpolitiker.
  • Was Deutschland und Russland so auseinanderbringen konnte, sei ihm "völlig unklar", sagte Gabriel.

Von Julian Hans, Moskau

Wie Sigmar Gabriel die Rolle Wladimir Putins sieht, machte er gleich zu Beginn seines zweitägigen Besuches deutlich. Er danke dem russischen Präsidenten, dass dieser sich Zeit für ein Treffen genommen habe, sagte er zu Beginn des Treffens in der Residenz Nowo-Ogarjowo: "Sie haben in diesen Tagen viel zu tun, gerade mit dem Konflikt in Syrien." Gabriel selbst trat gleich in drei Rollen auf: als Wirtschaftsminister, als Gelegenheitsaußenpolitiker und als Privatperson.

Der Außenpolitiker Gabriel, der gerade im Magazin Stern verkündet hatte, er wolle "natürlich" Kanzler werden, sprach über Syrien und war sich mit Putin einig, dass nur eine Umsetzung des Minsker Abkommens der Ukraine Frieden bringen werde. Allerdings gebe es "Gruppen in Europa und den USA, die davon profitieren, dass dieser Konflikt andauert". Konkreter wurde Gabriel nicht, zumindest nicht in dem Teil des Gesprächs, dessen Mitschrift der Kreml veröffentlichte.

Was Deutschland und Russland so auseinanderbringen konnte, sei ihm "völlig unklar". Schließlich hätten beide Staaten noch im Jahr 2000 "ein exzellentes Verhältnis" gehabt. Die "Situation um die Ukraine" jedenfalls schied für den SPD-Chef aus; sie sei aus seiner Sicht nur ein Symptom, nicht der Grund für die Probleme.

Im Anschluss an das Treffen mit Putin regte der Privatmann Gabriel an, die Sanktionen schon vor der vollständigen Umsetzung aller 13 Punkte von Minsk schrittweise aufzuheben. Schließlich seien sie auch schrittweise eingeführt worden. Aber das sei seine "persönliche Meinung". Die Position sowohl in Brüssel als auch in Berlin ist eine andere: Erst wenn Kiew wieder die Kontrolle über die Ostgrenze des Landes erlangt hat, werden die Sanktionen zurückgenommen.

Der eigentliche Anlass des Besuchs aber war die Wirtschaftspolitik. Deshalb saß Gazprom-Chef Alexej Miller bei dem Treffen in Nowo-Ogarjowo mit am Tisch. Denn das wichtigste Projekt derzeit ist zugleich ein hoch politisches: der Ausbau der Pipeline Nord Stream von zwei auf vier Leitungen. Sie transportiert russisches Erdgas durch die Ostsee nach Greifswald - und umgeht dabei die Ukraine und andere Länder Osteuropas.

Deutschland und Russland sollten die Energieversorgung möglichst unter sich regeln, um "politische Einmischung" zu vermeiden, regte Gabriel an. Wenn es gelinge, dass die rechtlichen Fragen "in der Kompetenz der deutschen Behörden" blieben, ließe sich "Einmischung von außen beschränken". Die zuständige Behörde in Deutschland, die Bundesnetzagentur, ist Gabriels Ministerium unterstellt.

Die störende "Einmischung von außen" war in den vergangenen Monaten zu vernehmen: Die Regierungen von Polen, der Slowakei und der baltischen Staaten protestierten. Kritik kam auch aus Brüssel. Immerhin hatten die russischen Angriffe auf die Ukraine - militärischer wie wirtschaftlicher Natur - dazu geführt, dass sich die Europäer Gedanken über eine einheitliche Energiepolitik machten, die die osteuropäischen Staaten weniger verwundbar machen sollte.

Am meisten störte in den vergangenen Jahren natürlich Kiew. Abgesehen vom politischen Zwist mit Moskau macht auch die Technik Sorgen: Das ukrainische Gasnetz ist in einem schlechten Zustand. Anläufe, es zu modernisieren, sind immer wieder gescheitert; einerseits fehlt Kiew das Geld dafür, andererseits hat die Ukraine stets verhindert, dass Russland investiert und damit Pipelines in russischen Besitz übergehen. Ukrainische Oligarchen haben in der Vergangenheit gut am Transit verdient. Um "politische Einmischung in diesen Fragen zu begrenzen", müsse "die Rolle der Ukraine als Transitland nach 2019 geregelt werden", sagte Gabriel.

Gazprom hat zuletzt fast im Quartalsrhythmus neue Pläne vorgelegt, wie russisches Erdgas künftig die Kunden in Europa erreichen soll. South Stream wurde abgesagt und Turkish Stream als Alternative vorgestellt. Als Nord Stream 2 auf den Tisch kam, wurden die Türkei-Pläne wieder zusammengestrichen. Nur die Ukraine spielte in den Plänen nie eine Rolle.

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