Steuerfahndung:Daten über Banken und Betrüger

Börse Frankfurt

Börse in Frankfurt: Mit der CD könnte NRW auch dubiose Aktiendeals aufdecken.

(Foto: dpa)
  • Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen haben zwei große Datensätze gekauft.
  • Sie könnten damit auch Landesbanken und ihren kriminellen Börsengeschäften auf die Schliche kommen.

Von Hans Leyendecker und Klaus Ott, Düsseldorf

Die Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen sind besonders hartnäckig. Acht CDs mit den Daten von etlichen Zehntausend Schwarzgeldkonten im Ausland haben die Ermittler bislang gekauft, mehr als zwei Milliarden Euro hat das gebracht. Eine bessere Bilanz kann kein anderes Bundesland vorweisen. Jetzt haben die NRW-Fahnder erneut zugeschlagen, mit in Deutschland bisher einmaligen Aktionen. Nordrhein-Westfalen hat sich von Insidern aus der Finanzbranche gleich zwei große Datensätze besorgt, zu zwei völlig unterschiedlichen Fällen.

Bei dem Doppelschlag geht es einerseits, wieder einmal, um mutmaßliches Schwarzgeld im Ausland; um gleich 55 000 Kunden einer einzelnen Bank, die in Verdacht stehen, Vermögen vor dem Finanzamt versteckt zu haben. 55 000 Kunden, so viele Namen und Konten hat der deutsche Fiskus bei noch keiner Bank erhalten. Es handelt sich nicht um eine CD, wie sonst üblich; sondern um mehrere Datensätze aus mehreren Quellen, die sich wie ein Puzzle zusammensetzen lassen. Diese Informationen haben die Behörden in NRW auch noch umsonst bekommen, teils über eine Zwischenstation, auf Umwegen also. Erste Durchsuchungsaktionen bei den mutmaßlichen Steuerhinterziehern sind offenbar schon geplant.

Der andere Fall ist, was die Vorgehensweise anbelangt, ein üblicher Fall. Nordrhein-Westfalen hat die nächste CD gekauft, für den Rekordpreis von fünf Millionen Euro. Das Geld dürfte gut angelegt sein. Denn erstmals ist es den Fahndern gelungen, Insider-Informationen zu dubiosen Börsendeals zu erlangen, mit denen der deutsche Fiskus um insgesamt deutlich mehr als zehn Milliarden Euro betrogen worden sein soll. Die Daten stammen aus mehreren Quellen.

Die CDs könnten kriminelle Börsengeschäfte aufdecken

Banken und Fonds haben jahrelang in großem Stil Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende gehandelt, offenbar mit einem einzigen Ziel: anschließend von den Finanzämtern mehr Kapitelertragssteuer erstattet zu bekommen, als zuvor gezahlt worden war. Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland ermitteln inzwischen in zahlreichen Verfahren, aber der Nachweis der systematischen Steuerhinterziehung bei diesen Geschäften ist aufwendig und schwierig. Das könnte sich jetzt ändern. Die Cum-Ex-CD enthält etliche Tausend Datensätze. Die Dokumente geben Aufschluss über mutmaßlich kriminelle Börsengeschäfte zahlreicher Banken und Finanzdienstleister im In- und Ausland. Darunter befindet sich auch Material aus großen Geldinstituten.

Eine Cum-Ex-CD, das ist neu. Die Auswertung der vielen Tausend Datensätze dürfte mehrere Monate dauern. Mit raschen Razzien ist, anders als bei den klassischen Schwarzgeldkonten im ersten Fall, nicht zu rechnen. Das könnte für viele der in die dubiosen Aktiendeals verstrickten Banken die letzte Chance sein, Selbstanzeige zustellen und sich noch einen Bonus bei den Behörden einzuhandeln. Finanzinstitute, die das nicht machen, lassen es darauf ankommen, ob sie mit ihren Deals auf der CD verzeichnet sind. Das könnte böse enden. "Sich Steuern erstatten zu lassen, die man überhaupt nicht bezahlt hat, ist die gemeinste Form der Bereicherung zu Lasten der Allgemeinheit", so NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Man werde solche Geschäfte konsequent verfolgen, auch mit dem Kauf von Daten, und diese Deals "als das entschleiern was sie sind: krimineller Betrug."

Mehrere Landesbanken könnten verwickelt sein

Bislang hat nur die Hypo-Vereinsbank (HVB) ein umfassendes Geständnis abgelegt und zusammen mit Cum-Ex-Geschäftspartnern rund 200 Millionen Euro an den Fiskus zurückgezahlt. Mit knapp zehn Millionen Euro Bußgeld kommt die HVB bei der Kölner Staatsanwaltschaft, die in mehreren Fällen ermittelt, glimpflich davon. Die Staatsanwaltschaft honoriert, dass die HVB intern selbst ermittelt und mit den Behörden kooperiert hat. Heutige HVB-Verantwortliche haben nichts zu befürchten, aber mehrere ehemalige Manager müssen mit einer Anklage rechnen.

Fragwürdige Cum-Ex-Deals sind auch bei der HSH Nordbank, der Landesbank Baden-Württemberg, dem Schweizer Institut Sarasin, der kanadischen Maple Bank und Barclays aus Großbritannien bekannt geworden. Das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Von der jetzt in NRW gekauften CD erhoffen sich die Ermittler viele neue Erkenntnisse. Die Regierung in Düsseldorf hat vor einem Jahr eigens für solche Fälle eine Sonderkommission beim Landeskriminalamt gegründet.

Finanzminister Walter-Borjans drängt Banken im In- und Ausland, Steuervergehen offenzulegen. Bei den Ermittlungen tut sich besonders die Steuerfahndung Wuppertal hervor, die sich auch um die neuen Fälle kümmert. In Wuppertal sind bereits viele Verfahren gegen Banken aus der Schweiz, Österreich, Liechtenstein und Luxemburg anhängig.

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