Neues Gesetz:Was der Beschluss des Bundestags zur Sterbehilfe bedeutet

Organisierte Sterbehilfe ist in Deutschland künftig verboten. Aber ist das neue Gesetz überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar?

Von Berit Uhlmann

Nach einjähriger Debatte hat der Bundestag am Freitag ein Verbot der organisierten Suizidbeihilfe beschlossen. Nun wird im Strafgesetzbuch folgender Passus eingefügt:

"Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung: (1) Wer in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig die Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als Teilnehmer bleibt straffrei, wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt und entweder Angehöriger des in Absatz 1 genannten anderen ist oder diesem nahesteht."

Die Formulierung zielt darauf ab, den umstritteten Sterbehilfe-Vereinen wie dem des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch die Grundlage zu entziehen. Doch was ist mit den Ärzten, die Patienten einen selbstbestimmten Tod ermöglichen wollen?

Genau diese Frage war bislang hoch umstritten. Einige Politiker, Mediziner und Juristen hatten bemängelt, dass nicht klar ist, was genau unter "geschäftsmäßiger" Suizidbeihilfe zu verstehen sei. Die Autoren des Gesetzentwurfs hatten im Vorfeld erklärt, dass sie mit dem Begriff ein "auf Wiederholung angelegtes, organisiertes Handeln" meinen. Doch Mediziner, die - etwa auf onkologischen Stationen - häufig mit unheilbar Kranken zu tun haben, könnten mehr als einmal um Suizidbeihilfe gebeten werden. Machen sie sich strafbar, wenn sie den Wünschen wiederholt nachkommen?

Aufgrund der unscharfen Formulierung hatten die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages bereits Zweifel geäußert, ob der nun verabschiedete Entwurf überhaupt mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist. Der Verein Sterbehilfe Deutschland kündigte bereits eine Verfassungsbeschwerde an.

Es ist daher gut möglich, dass sich demnächst Richter mit dem eben gefassten Beschluss beschäftigen müssen. Bis dahin dürfte die Unsicherheit, die viele Ärzte heute schon hegen, bestehen bleiben.

Bundesärztekammer-Präsident Ulrich Montgomery fühlt sich derweil durch den Beschluss in seiner Position als Gegner der Sterbehilfe gestärkt: Die Beihilfe zum Suizid gehöre "nicht zu den Aufgaben des Arztes". Er begrüße daher, dass der Bundestag den Anträgen für eine Liberalisierung der Sterbehilfegesetzgebung nicht gefolgt ist.

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