Internationale Konzerne:Diese Länder profitieren von der Steuerflucht

  • Vielen Staaten entgehen Milliardeneinnahmen, weil Konzerne ihre Gewinne in andere Länder verschieben.
  • Zwei Drittel der Gelder landen einer Studie zufolge an nur fünf Orten: in den Niederlanden, Luxemburg, Irland, Bermuda und der Schweiz.

Von Jan Schmidbauer

Die Profiteure

Die britische Inselgruppe Bermuda im Atlantik ist namensgebend für ein Seegebiet, in dem angeblich Dinge verschwinden. Flugzeuge und Schiffe zum Beispiel. Was in dieser Region definitiv verloren geht: die Steuereinnahmen anderer Länder. Laut einem neuen Oxfam-Bericht werden zwei Drittel der Mehreinnahmen von Konzernen durch Gewinnverschiebungen in nur fünf Länder erreicht: die Niederlande, Luxemburg, Irland, Bermuda und die Schweiz.

Dies geht aus einem Bericht hervor, den die Organisation Oxfam zusammen mit weiteren Organisationen vorgelegt hat (hier als PDF). Die Organisation wertete Daten einer Studie des "Tax Justice Network" aus, die untersucht, wo große US-Konzerne ihre Gewinne anmelden. Im Jahr 2012 verschoben internationale Konzerne mit Hauptsitz in den USA demnach zwischen 500 und 700 Milliarden US-Dollar an Gewinnen.

Internationale Konzerne verschieben ihre Gewinne gerne in Regionen wie Bermuda. Durch extrem niedrige Steuersätze sparen sie Geld, das sie sonst in die Staatskassen anderer Länder einzahlen müssten. Auf der Inselgruppe im Atlantik meldeten amerikanische Großkonzerne 2012 Gewinne in Höhe von 80 Milliarden US-Dollar an. Durch die niedrigen Steuersätze in diesen Ländern ist die Höhe der staatlichen Einnahmen allerdings vergleichsweise gering. Die wahren Gewinner der Gewinnverschiebungen sind der Studie zufolge ohnehin andere, nämlich die Konzerne.

Die Verlierer

Laut dem Bericht sind die Verlierer der Steuertricks vor allem G-20-Staaten. Dem deutschen Haushalt etwa entgehen durch Steuerflucht Einnahmen in Milliardenhöhe. Die Bundesrepublik steht an zweiter Stelle bei den "Steuerverlierern". Die Konzerne melden nur 0,7 Prozent ihrer Gewinne in Deutschland an, obwohl sie hierzulande zwei Prozent ihrer Erlöse erzielen.

Noch mehr Einnahmen entgehen nur den USA. Ebenfalls unter den Verlierern: China, Kanada, Frankreich, Brasilien und Indien. Auch wenn die Summe der entgangenen Steuern in den Entwicklungsländern verhältnismäßig gering ist: Sie leiden der Studie zufolge besonders unter dem System. Denn ihre Staatshaushalte sind oft besonders abhängig von den Steuerzahlungen der Konzerne.

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Oxfam-Berichts ist kein Zufall. Am 15. und 16. November tagen im türkischen Antalya die G-20-Staaten. Auf dem Gipfel soll auch über das internationale Steuersystem diskutiert werden.

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