Kundgebung:Münchner Muslime gedenken der Opfer von Paris

Kundgebung: Das Münchner Forum für Islam hat zu einer Kundgebung aufgerufen, um der Opfer der Terroranschläge von Paris zu gedenken.

Das Münchner Forum für Islam hat zu einer Kundgebung aufgerufen, um der Opfer der Terroranschläge von Paris zu gedenken.

(Foto: Robert Haas)
  • Gut 300 Menschen zeigen am Freitagabend ihre Solidarität mit den Terroropfern von Paris.
  • Zu der Kundgebung am Geschwister-Scholl-Platz hat das Münchner Forum für Islam aufgerufen.
  • Vertreter verschiedener Religionen warnen vor Hass aufeinander.

Von Martin Bernstein

Gut 300 Münchner, unter ihnen viele junge Muslime und Mitglieder der islamischen Moscheegemeinden, haben am Freitagabend bei einer Kundgebung auf dem Geschwister-Scholl-Platz ihre Solidarität mit den Terroropfern von Paris demonstriert. Der im Anschluss geplante Schweigemarsch durch die Innenstadt wurde wegen des strömendes Regens durch eine Schweigeminute ersetzt. Zu der Kundgebung unter dem Motto "Steh auf gegen Hass und Gewalt!" hatte das Münchner Forum für Islam des Penzberger Imams Benjamin Idriz aufgerufen. Unterstützt wurde die Aktion unter anderem von den christlichen Kirchen, dem Kreisjugendring, dem Bündnis "München ist bunt" sowie der Initiative "Bellevue di Monaco".

Bei der Veranstaltung vor der Universität rief Imam Idriz "alle Muslime auf, sich nicht mit Kriminellen zu identifizieren oder ihre Taten zu verteidigen". Die Mörder von Paris gehörten nicht zu Frankreich, nicht zu Europa - "und sie gehören nicht zum Islam".

Idriz ruft Muslime dazu auf, entschieden gegen den Terror aufzutreten

Bereits Stunden vor der Kundgebung hatte Idriz in einem Facebook-Aufruf betont: "Wir, die Muslime auf der ganzen Welt, leiden unter diesem Tun doch nicht weniger als andere - sondern mehr, weil es unsere Religion ist, die dabei so unbeschreiblich pervertiert wird." Muslime dürfte sich deshalb nicht darauf zurückziehen, "dass das doch nicht wir sind, die so handeln, dass das doch nichts mit uns und unserem Glauben zu tun hat". Idriz weiter: "Wer, wenn nicht wir, kann und muss dagegen immer wieder laut und entschieden auftreten!"

Neben Idriz sprach unter anderem auch Christian Ude zu den Menschen. "Wir lassen uns nicht gegeneinander aufwiegeln", sagte Münchens Alt-Oberbürgermeister. "Wir in München können dankbar sein, dass sämtliche Glaubensgemeinschaften hier dabei sind. Das muss die Antwort der Religionen sein." Gerade für junge Menschen, die gefährdet seien, sich zu radikalisieren, brauche es ein gemeinschaftliches Signal. "Deshalb brauchen wir islamische Aufklärung - gerade auch durch Imame", so Ude. "Wir brauchen diesen Brückenschlag."

"In dieser Stadt gehen bei Pegida jede Woche geistige Brandstifter auf die Straße", mahnte CSU-Stadtrat Marian Offman. München aber stehe an der Seite der Menschen islamischen Glaubens. "Seien Sie auch, wenn es darauf ankommt, an der Seite anderer bedrängter Minderheiten."

Der Hass dürfe nicht überspringen

Der katholische Bischofsvikar Rupert Graf zu Stolberg warnte vor einer Spirale der Gewalt: "Der Hass, von dem sich die Terroristen bei diesem Blutbad leiten ließen, darf nicht auf uns überspringen. Gewalt können wir nicht mit Gewalt überwinden. Auch verbal sollten wir nicht hochrüsten." Die Auseinandersetzung mit dem Terror dürfe nicht für einen verschärften Ton in der Flüchtlingsdebatte missbraucht werden.

Für die Menschen, die vor dem islamistischen Terror nach Europa fliehen, müsse es "wie eine Verhöhnung ihres Leids klingen, wenn manche nun lauthals ein Ende der Solidarität mit den Flüchtenden und Verfolgten fordern". Wer dieser Forderung nachgebe, beschere den Terroristen letztlich einen Sieg: "Unsere Antwort auf die Anschläge von Paris muss aber lauten: Unsere Solidarität mit den Notleidenden, mit den Opfern von Gewalt, Verfolgung und Unterdrückung ist unerschütterlich."

Normalerweise lebten gläubige Menschen friedlich miteinander

Auch der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm war gekommen und erklärte, viele Menschen bekämen Angst vor dem Islam, weil er als Legitimation für Terrorismus missbraucht werde. Wichtig sei es aber zu sehen, "dass gläubige Menschen - egal ob Christen, Muslime oder anderen Glaubens, normalerweise völlig friedlich miteinander leben".

Die Glaubwürdigkeit der Religion des Islam werde infrage gestellt, weil Terroristen sich bei ihren Bluttaten auf den Koran berufen. Bedford-Strohm erinnerte an das "unglaubliche Blutvergießen" in der Geschichte der eigenen Religion: "Würden wir die Maßstäbe an das Christentum anlegen, die wir heute an den Islam anlegen, wäre das Christentum erledigt."

Die Münchner Polizei wachte mit etwa 30 Einsatzkräften über die Veranstaltung. Trotz der angespannten Sicherheitslage gebe es für martialisches Auftreten aber weiterhin keinen Grund, hatte ein Polizeisprecher im Vorfeld gesagt. Zu Störungen der Kundgebung kam es nicht. Bereits am Donnerstag hatten 600 Menschen vor der Feldherrnhalle der Toten von Paris und der Opfer weltweiten Terrors gedacht. "Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen, den Freunden, dem gesamten französischen Volk", hatte dabei Europaministerin Beate Merk betont. Der französische Generalkonsul Jean-Claude Brunet bedankte sich bei den Münchnern für die Anteilnahme. "Ihre Solidarität gibt uns Trost und Kraft."

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