Flüchtlinge:Syrischer Flüchtling kocht für Berliner Obdachlose

Er wolle den Deutschen etwas zurückgeben, sagt Alex Assali.

Interview von Verena Mayer

Ein Flüchtling aus Syrien steht unter einer Berliner Brücke und verteilt Essen, das er selbst gekocht hat, an Obdachlose. Seit dieses Foto in den vergangenen Tagen durch die sozialen Netzwerke ging und dort tausendfach geteilt wurde, weiß man, wer der Mann hinter dieser Aktion ist: der 37-jährige Alex Assali, studierter Informatiker aus Damaskus. Seit zwölf Monaten lebt er in einem Wohnprojekt in der Hauptstadt, wo er sich die Zeit mit Kochen vertreibt.

SZ: Herr Assali, wie kommt ein syrischer Flüchtling dazu, sich auf die Straße zu stellen und für deutsche Obdachlose zu kochen?

Alex Assali: Das ist eine lange Geschichte. Als ich nach Deutschland kam, waren alle Leute freundlich und herzlich zu mir. Sie haben mit mir Deutsch gelernt und mir die Stadt gezeigt. An meinem ersten Tag in Berlin, als ich aus Frankfurt kam und die mir zugewiesene Flüchtlingsunterkunft nicht fand, hat mich eine alte Dame an der Hand genommen und hingebracht. Viele Deutsche haben mir etwas geschenkt, jetzt bin ich an der Reihe, etwas zurückzugeben.

Was kochen Sie denn so?

Syrisch, saudi-arabisch, manchmal auch italienisch. Hier auf dem Bild habe ich Gemüsesuppe mit Reis gemacht.

Wie reagieren die Berliner darauf?

Bis jetzt mochten alle mein Essen. Kochen ist mein liebstes Hobby, ich koche auch bei Partys oder bei Treffen in der Kirchengemeinde, in der ich oft bin. Ich habe da so meine Geheimrezepte. Aber ich will Ihnen noch etwas Wichtiges erzählen.

Ja?

Bevor ich nach Deutschland kam, war ich in Libyen, wo ich Familien, die vor dem Krieg und dem Tod in Syrien geflohen waren, geholfen habe, eine Beschäftigung und eine Unterkunft zu finden, Schulunterricht für ihre Kinder zu organisieren. Wie eine Art Sozialarbeiter. Seither weiß ich, wie es ist, nichts zu haben, alles zu verlieren, auf der Straße zu leben. Das Schicksal der Obdachlosen in Deutschland kann ich verstehen, und ich fühle ich mich ihnen sehr nahe.

Sie sind von Beruf eigentlich IT-Ingenieur. Woher können Sie so gut kochen?

Leider nicht von meiner Mutter, weil ich erst im Ausland studiert habe und seither von ihr getrennt bin. Den Rest meiner Familie habe ich aus den Augen verloren, seit ich auf einem Boot nach Italien geflüchtet bin. Davor war ich lange in Libyen. Ich bin über Ägypten und den Sudan dorthin gekommen, ein Jahr habe ich allein für diesen Weg gebraucht. Ich hatte keine Papiere, mein ganzes Geld habe ich Leuten gegeben, die mir unterwegs halfen. Ich konnte nicht ins Restaurant gehen, also habe ich begonnen, für mich selbst zu kochen.

Und wie finden Sie die deutsche Küche?

Gut. Am liebsten koche ich Spätzle. Die sind zwar schwierig zu machen, aber inzwischen kann ich das.

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