Kindertagesstätte:Mainzer Missbrauchsskandal hat offenbar nie stattgefunden

Mainzer Kita-Skandal

Spielende Kinder sind auf Mülltonnentüren in der Mainzer Kita gemalt, aufgenommen am 11.06.2015.

(Foto: dpa)
  • Die Vorwürfe von sexuellen Übergriffen und Gewalt unter Kindern in einer katholischen Kita in Mainz hat sich nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht bestätigt.
  • Im Sommer hatte die Trägerin das Kita-Personal fristlos entlassen.
  • Wie es zu den Vorwürfen kam, bleibt rätselhaft.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Die öffentliche Aufregung war groß, als im Sommer die Nachricht über Missstände in einer Mainzer Kita publik wurden. Über Monate hinweg sollten im katholischen Kindergarten in Mainz-Weisenau Kleinkinder ihren Altersgenossen Gewalt angetan haben, körperlich und sexuell, ohne dass Betreuer und Erzieher die Vorgänge bemerkt hätten und eingeschritten wären.

Gesamtes Personal war fristlos entlassen worden

Die Trägerin, die katholische Kirche - sensibilisiert durch inzwischen bekannte Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen in früheren Zeiten - schloss den Hort vorübergehend, entließ das gesamte Personal fristlos und schaltete die Staatsanwaltschaft ein. Die ermittelt seither gegen die sieben Beschäftigten wegen Verletzung der Aufsichts- und Fürsorgepflicht.

Und auch ein Priester geriet in das Visier der Behörden: Eine Mutter hatte dem Geistlichen sexuellen Missbrauch ihrer beiden in Weisenau betreuten Kinder vorgeworfen. Nun hat die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit weitgehend abgeschlossen. Mit einem überraschenden Ergebnis: Der Skandal von Mainz hat offenbar nie stattgefunden.

Bislang überwiegend entlastende Erkenntnisse

Die Ermittler befragten 32 Kinder, mehr als 35 Eltern sowie ein Dutzend anderer Zeugen, darunter ehemalige Beschäftigte der Kita oder Praktikanten. Gehört wurden auch Kinderärzte und ein Rechtsmediziner, Sachverständige werteten die Aussagen der Kinder aus. Die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller teilte am Dienstag das Resultat mit: "Die Vorwürfe haben sich nach dem bisherigen Ermittlungsstand nicht erhärtet, es haben sich bislang überwiegend entlastende Erkenntnisse ergeben."

Auch die Ermittlungen gegen den Priester werden wohl alsbald mit einer Einstellung des Verfahrens enden. Die Vorwürfe der Mutter hätten sich insbesondere durch eine psychologische Begutachtung ihrer beiden Kinder nicht bestätigt. Bei einer Durchsuchung der Wohnung des Geistlichen habe man zudem keinerlei Belastungsmaterial gefunden. Bevor endgültig über Fortgang oder Ende der Ermittlungen entschieden wird, sollen die beschuldigten Erzieher Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Sie hatten sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Wie es zu den offenbar unbegründeten Vorwürfen kam, bleibt rätselhaft

Was sich in der Kita tatsächlich zugetragen hat, ist weiter rätselhaft. Auch Oberstaatsanwältin Keller hat keine Antwort auf die Frage, wie es zu den offenbar unbegründeten Vorwürfen kommen konnte. Da spielten wohl mehrere Faktoren eine Rolle, meint die Juristin und zählt auf: Besorgnis von Eltern um ihre Kinder, der Austausch der Eltern untereinander, vielleicht sei man mit den Umständen in der Kita unzufrieden gewesen, womöglich wurden die Kinder suggestiv befragt.

Verlässlich werde man das allenfalls nach Abschluss der Ermittlungen wissen. Die katholische Kirche, die die Mitarbeiter fristlos entließ, rechtfertigt ihre strikte Haltung vom Sommer. Der Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, sagte: " Das Vorgehen des Bistums Mainz nach Bekanntwerden der Vorwürfe war notwendig und erforderlich." Die Vorwürfe der Eltern seien damals glaubhaft gewesen.

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