Mitten in Regensburg:Gestörtes Wohlbefinden

Stadträte und Mittelbayerische Zeitung liefern sich in Regensburg eine Presseschlacht

Von Andreas Glas

Ein Lokaljournalist kennt es, wenn Lokalpolitiker anrufen, um sich über unliebsame Berichterstattung zu beschweren. Umgekehrt läuft es in Regensburg. Dort beschweren sich gerade die Verleger der Mittelbayerischen Zeitung über die Unliebsamkeit der Lokalpolitiker. Der Hintergrund: Elf Mitarbeiter der MZ-Druckerei haben ihre Kündigung erhalten und sollen durch mutmaßlich billigere Leiharbeiter ersetzt werden. Die MZ-Verleger finden das okay, es sei notwendig; "Geld zu verdienen", um "unabhängigen Journalismus auf Dauer finanzieren zu können". 20 der 50 Regensburger Stadträte finden die Entlassungen weniger okay und haben MZ-Verleger Peter Esser in einem offenen Brief kritisiert. Dafür, dass gekündigt wurde, obwohl der Verlag schwarze Zahlen schreibe und die Mitarbeiter bereit gewesen seien, auf 13 Prozent Lohn zu verzichten. Weil vielleicht bald der Steuerzahler für die Entlassenen zahlen muss, werfen die Stadträte dem Verlag jetzt undemokratisches und unsoziales Verhalten vor.

Soviel zum Hintergrund, jetzt kommt der eigentliche Hammer: Der Verlag hat den Stadträten inzwischen geantwortet - und zwar seinerseits in einem offenen Brief, unterschrieben von 28 MZ-Führungskräften. Der Brief ist so offen, dass man ganz schön tief ins Selbstverständnis des Zeitungshauses blicken kann. Darin heißt es, die Stadträte hätten "vom Wähler kein Mandat erhalten", den Verlag für seine Personalpolitik zu kritisieren. Stattdessen sehe man "es als vordringliche Aufgabe von Stadträten an, alles dafür zu tun, dass es einer Stadt, ihren Menschen, Vereinen und Firmen gut geht". Das Wohlbefinden ihrer eigenen Mitarbeiter scheint nach Ansicht der Verleger allerdings nicht in diesen Aufgabenbereich zu fallen.

Man darf jetzt gespannt sein, ob der offene Briefwechsel weitergeht oder ob sich die Stadträte auf das Friedensangebot einlassen, das die MZ-Verleger am Ende ihres Schreibens machen. Im letzten Absatz heißt es, man wolle die Stadträte demnächst ins Verlagshaus einladen, um ihnen "zu zeigen, was die Mittelbayerische ausmacht - ein Miteinander von Mitarbeitern und Verleger-Familien, Innovation, Tatkraft und gegenseitiger Wertschätzung".

Ob die elf entlassenen Mitarbeiter auch eingeladen sind, stand übrigens nicht in dem offenen Brief.

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