Flüchtlingsunterbringung:Vollendete Tatsachen in Puchheim

Flüchtlingsunterbringung: Erste Unterkünfte: Als viele Flüchtlinge in den Landkreis kommen, dienen Turnhallen wie die in Puchheim als Behausungen.

Erste Unterkünfte: Als viele Flüchtlinge in den Landkreis kommen, dienen Turnhallen wie die in Puchheim als Behausungen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Landratsamt überrascht Puchheim mit der Nachricht, dass rasch eine weitere Asylbewerber-Unterkunft entstehen wird. Das findet Bürgermeister Norbert Seidl schon deshalb unfair, weil es zum zweiten Mal passiert

Von Peter Bierl, Puchheim

In Puchheim-Ort wird eine weitere Unterkunft für 30 Asylbewerber eingerichtet - eine Nachricht, die Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) aufbringt. Ist er doch bereits zum zweiten Mal nicht vorher von Landrat Thomas Karmasin darüber informiert worden. "Das ist nicht fair, das Vertrauen ist weg. Das ist ein Signal an die Kommunen: wir machen unser Ding und ihr müsst nehmen, was ihr kriegt", sagte der Bürgermeister.

"Das ist schlecht gelaufen", räumte Thomas Karmasin am Dienstag ein. Er hat sich bei Seidl entschuldigt. Nach Angaben des Landrates hat Puchheim damit die Quote übererfüllt. Die Turnhalle von Gymnasium und Realschule kann Karmasin trotzdem nicht freigeben, schon weil einige Kommunen noch im Rückstand sind. Das fragliche Gebäude im Puchheimer Altdorf muss erst renoviert werden.

Für Seidl muss es wie Déjà-vu-Erlebnis sein. Am Mittwoch erzählte Seidl auf der Bürgerversammlung des Altdorfes, dass die Kommune dort eine Unterkunft für anerkannte Asylbewerber bauen will. Am Freitagnachmittag setzte die Kreisbehörde Seidl per E-Mail in Kenntnis, dass in Puchheim-Ort im Januar 30 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Ähnlich war es im Sommer gelaufen, als Seidl und Karmasin zusammen mit Martin Schuster, dem Leiter des Ausländeramtes der Kreisbehörde, bei einer Sonderbürgerversammlung in Puchheim-Bahnhof über die Unterbringung von Flüchtlingen informierten. Wenige Tage später gab das Landratsamt bekannt, dass die Turnhalle mit knapp 200 Menschen belegt werden würde.

"Ich werde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Landratsamt keine andere Form der Kommunikation findet", sagte der Bürgermeister. Karmasin sagte, seine Mitarbeiter seien völlig überlastet. Außerdem wolle die Kreisbehörde nicht die Kommunen "verrückt machen", in dem über jedes Objekt informiert werde, das im Gespräch sei. Allerdings sagte Karmasin zu, dass die Bürgermeister informiert würden, sobald sich abzeichne, dass der Kreis für ein Haus einen Vertrag unterzeichnen werde.

Irritiert zeigte sich Seidl darüber, dass das Gebäude von der Kommune schon ins Auge gefasst, aber wegen des Zustandes verworfen worden sei. In Gröbenzell hatte das Landratsamt Vorschläge der Gemeinde wegen angeblicher Mängel abgelehnt. "Das ist eine Frage des Preises", erklärte Karmasin. In Gröbenzell lag der Preis bei 14 Euro pro Quadratmeter in dem nicht renovierten Haus. Die Kreisbehörde nehme zwar Häuser auch in schlechtem Zustand und richte diese her, aber nur zu einem günstigeren Preis.

Karmasin machte den Puchheimern keine Hoffnung, dass die Turnhalle bald wieder frei werde. Seidl verwies darauf, dass die Stadt mit insgesamt etwa 400 Plätzen ihre Quote "weit, weit übererfüllt" - auch ohne die 198 Plätze in der Halle. Der Landrat entgegnete, die Quote sei "nicht statisch" zu sehen. Auch dass die Halle meist halb voll sei, sei kein Argument. "Es ist ein atmendes System, mal ist die Halle leerer und mal voller". Zumal nicht alle Menschen, die eingewiesen werden, dort auch schlafen. Sie seien dazu nicht verpflichtet.

Das Hauptproblem sei, dass nicht alle Kommunen ihre Quote erfüllten. Nach Angaben des Landrates liegt Fürstenfeldbruck weit über dem Limit wegen der Unterbringung im Fliegerhorst, ebenso Puchheim und Landsberied. Dagegen haben Adelshofen, Hattenhofen, Mittelstetten und Oberschweinbach noch keinen Flüchtling aufgenommen, Germering, Olching und Gröbenzell liegen im Rückstand. Karmasin betonte, dass in Olching, Adelshofen und Mittelstetten an Unterbringungen gearbeitet werde und Germering nichts für den Rückstand könne. Ein Projekt dort sei nicht zustande gekommen. Der Landrat ist zuversichtlich, dass sich auch der Streit mit Gröbenzell lösen lässt. "Ich bin im Kontakt mit dem Bürgermeister. Wir wollen das nicht eskalieren lassen, denn es geht uns um die Menschen", sagte Karmasin. Gröbenzell werde bald mehr Plätze anbieten.

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