Kurzkritik:Bassgitarrissimo

Saitenkünstler Hellbord und Drummer LeBlanc

Von Oliver Hochkeppel

Er ist ein Unikum, der schwedische Bassist Jonas Hellborg. Eines, das nach umtriebigen Jahren in der New Yorker Fusion-Szene der Achtziger und Neunziger seit 15 Jahren ein wenig abgetaucht war; zurück nach Schweden ging Hellborg, geheiratet hat er, viel Zeit im Studio und im Musizierzimmer verbracht und Bühnen eher in abgelegenen Weltregionen frequentiert. Nun saß er also auf der des Nightclubs im Bayerischen Hof, mit seiner hüftlangen Wikingermähne und wie immer barfuß, seine semiakustische Whale-Bassgitarre in der Hand sowie zwei Dutzend Effektgeräte vor und drei Verstärker plus Leslie-Hochton-Rotor, eigentlich ein Orgel-Accessoire, hinter sich.

Entsprechend eigenbrötlerisch und vielschichtig zugleich fiel der Abend aus. Wie aus dem Nichts, eigentlich mit einem verlängerten Saitenstimmen, begann der Abend, daraus entstanden die verschiedensten Klangstrukturen und -farben; Stücke, die ohne Unterbrechung zu zwei zusammenhängenden, suitenartigen Sets ineinanderflossen. Mal ruhig und meditativ, mal wuchtig und rasant, die Saiten mal gezupft, mal gerissen, mal funkig geslappt, und den Bass wahlweise wie eine Gitarre, ein Perkussion-Instrument, ein Keyboard oder eine Orgel klingen lassend.

Statt des ursprünglich angekündigten Fusion-Schlagzeugers Gerry Brown saß Keith LeBlanc als Begleiter am Drumkit, eher ein House- und Hip-Hop-Drummer, der mit den Oldschool-Rappern Grandmaster Flash und Melle Mel angefangen hatte und seither auch der halben Popwelt von Tina Turner bis Robert Palmer, von Depeche Mode bis zu den Stones, von Seal bis zu The Cure gedient hat. Kein "Ersatz", sondern eine perfekte Wahl, denn LeBlancs eher nüchternes, rhythmusbetontes Drumming mit Rock-Fills und Splashs statt Rimshots oder Besen schmiegte sich ideal an Hellborgs melodische Ideen. So wirkte das Ganze wie eine höchst inspirierte Jam-Session, in die jeder im Geiste miteinsteigen konnte. Faszinierend, und mal etwas anderes.

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