Frankreich:Unaufhaltsamer Aufstieg

Die Franzosen wählen FN aus erbitterter Überzeugung.

Von Christian Wernicke

Es ist so schlimm gekommen wie befürchtet: Fast jeder dritte Franzose hat am Sonntag bei den Regionalwahlen dem Front National seine Stimme gegeben. Nach dem ersten Wahlgang liegt die eurofeindliche Truppe von Marine Le Pen in sechs der 13 Regionen vorn. In zwei Landstrichen - im Rostgürtel des altindustriellen Nordens wie im sonnigen Südosten zwischen Seealpen und Côte d'Azur - scheint die Rechtsextremen kaum mehr etwas aufhalten zu können.

Die spinnen, die Franzosen? Vorsicht, das Ergebnis vom Sonntag ist kein Irrläufer. Die Stimmen für Le Pen sind nicht etwa einem jähen Wutausbruch auf die politischen Eliten geschuldet. Oder nur Folge einer Angstwelle nach den Attentaten des 13. Novembers. Nein, die FN-Werte steigen seit Jahren: stetig, kräftig, scheinbar unaufhaltsam. Immer wieder verheißen die etablierten Parteien Reformen - aber geändert haben sie (zu) wenig. Mehr und mehr Franzosen geben dem FN eine Chance: nicht mehr aus Protest, sondern aus verzweifelter, erbitterter Überzeugung.

Lösungen hat der Front National nicht zu bieten. Sein sozial-nationales Wirtschaftsprogramm weist in die Irre, seine Tiraden gegen Ausländer und Muslime verraten urfranzösische Prinzipien wie Humanität und Menschenrechte. Dennoch, der FN gewinnt, auch deshalb: Jeder zweite Franzose hatte am Sonntag so sehr die Nase voll, dass er nicht mal mehr wählen ging für die Republik.

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