Flüchtlinge:Wie befremdlich die EU mit Griechenland umgeht

Beitrittskandidat Türkei bekommt Milliarden Euro von der EU für Flüchtlinge. Griechenland hingegen soll aus dem Schengenraum ausgeschlossen werden.

Kommentar von Mike Szymanski

Griechenland hätte in diesen Tagen gute Gründe, an der EU zu verzweifeln. Weil man in Brüssel meint, die Lösung der Flüchtlingskrise liege in der Türkei und nicht auch an ihren Küsten, stellt die EU dem Beitrittskandidaten Türkei Milliarden Euro an Finanzhilfe und sogar visafreies Reisen in Aussicht. Das krisengeschüttelte Griechenland dagegen soll aber aus dem Schengenraum ausgeschlossen werden, weil es mit der Situation überfordert ist.

Es ist befremdlich, wie die EU mit ihrem Mitgliedsstaat umspringt. Auch bei den Reformen für das dritte Hilfspaket geht ihren Technokraten nichts schnell genug. Als ob nicht schon im Sommer bei Unterzeichnung des dritten Hilfspakets allen klar gewesen wäre, dass das Land am engen Zeitplan scheitern muss.

Erstaunlich robust

Nahezu im Wochenrhythmus peitscht die Regierung von Alexis Tsipras Reformen durchs Parlament, um Milliarden einzusparen. Jedes Gesetz für sich bringt neue Härten. Jedes andere Land hätte eine solch radikale Politik zerrissen. Tsipras' Regierung mit einer Parlamentsmehrheit von nur drei Stimmen zeigt sich erstaunlich robust, wie man bei Verabschiedung des Sparhaushalts für 2016 sehen konnte.

Die EU hätte Griechenland in dieser schwierigen Lage längst helfen können, wenn sie die Umverteilung von 160 000 Flüchtlingen bewältigt hätte. Allein an dieser Aufgabe ist die EU aber schon gescheitert.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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