Werk der Wahl:Leidenschaftlich forschen

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Der Wissenschaftler Gordon Cheng ist inspiriert von Luigi Colani

Protokoll von Christina Prasuhn

Ich habe eine besondere Beziehung zu Luigi Colanis Werk, seit ich ihn im Jahr 2004 persönlich kennengelernt habe. Zu der Zeit war ich als Gastprofessor in Karlsruhe und habe die Gelegenheit genutzt, seine Galerie zu besuchen. Wir haben dann mehr als drei Stunden gemeinsam verbracht und nicht nur über seine Kunst gesprochen, sondern auch über Roboter, und ich habe ihm meine Arbeiten gezeigt. Er ist seiner Zeit voraus, und es war für mich ein sehr inspirierendes Erlebnis, ihn zu treffen.

An diesem Flugzeugmodell gefallen mir besonders die Linien und die eleganten Kurven, die so kennzeichnend für Colanis Arbeiten sind. Er hat einen ganz besonderen Stil, der in der gesamten Installation in der Designsammlung sichtbar wird. Ich wohne seit 2010 in München, ganz in der Nähe der Pinakotheken. Es gefällt mir hier, ich mag den Raum und die Offenheit und könnte leicht den ganzen Tag in der Pinakothek der Moderne verbringen. Auch wenn es viele verschiedene Arten der Inspiration gibt, lasse ich mich am liebsten visuell inspirieren. Ich mag es, Dinge zu sehen und dann die Ideen auf meine Arbeit zu übertragen. An meinem Lehrstuhl erforschen wir humanoide Roboter, und es gibt für mich eine wichtige Parallele zu Colani: Er mag Formen, und wir als Forscher, die mit humanoiden Robotern arbeiten, mögen körperliche Gegenstände, wir mögen es, etwas zu berühren.

Über der Treppe zur Neuen Sammlung hängt Luigi Colanis Formstudie für ein Überschallflugzeug von 1978. (Foto: Rainer Viertlböck)

Auch wenn man weiß, dass das Modell eine Studie für ein Flugzeug ist, kann man es auf viele unterschiedliche Arten interpretieren. Es ist immer eine Frage der Perspektive, das macht es so interessant. Wenn man es von oben betrachtet, könnte es ein Wal sein, ein Anker oder ein Vogel. Aus einem anderen Winkel gesehen könnte es aber auch ein Raumschiff sein, und dann stellt sich als nächstes die Frage, in welche Richtung es eigentlich fliegt, ob nach oben oder nach unten. Im Unterschied zu den meisten anderen Werken hat es weniger Kurven, und es gibt Kanten, das ist nicht so typisch für Colani. Trotzdem wirkt es nicht künstlich, weil Colani sich auch hier an der Formgebung der Natur orientiert; das finde ich sehr schön. Außerdem fasziniert es mich, wie er die Dinge vereinfacht. Auch bei sehr komplexen Maschinen gibt es immer dieses Element der Einfachheit.

Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Colani und mir ist die Begeisterung für unsere Arbeit. Er arbeitet mit großer Leidenschaft, und ich kann das sehr gut nachvollziehen, weil es mir mit meiner Forschung auch so geht. Ich liebe Roboter! Schon als Kind habe ich mich für Roboter begeistert, und ich hatte wirklich großes Glück, dass meine Großmutter mir immer alle neuen Roboter-Spielzeuge gekauft hat.

Im Gegensatz dazu habe ich mich leider erst relativ spät mit Kunst befasst und sie erst in der High School richtig zu schätzen gelernt. Ich finde, Kinder sollten so früh wie möglich mit Kunst und mit Wissenschaft bekannt gemacht werden. Daher veranstaltet unser Lehrstuhl einen Malwettbewerb unter dem Motto "Wenn ich einen Roboter hätte", um beides miteinander zu verbinden. Die Kinder sollen ihre Vorstellungskraft und Kreativität einsetzen, und die Gewinner des Wettbewerbs dürfen im kommenden Jahr unseren neuen menschenähnlichen Roboter "H-1" treffen. Ich glaube, Kunst kann ein guter Weg sein, um Kinder zu ermutigen, sich auf spielerische Art mit Wissenschaft und Technik zu beschäftigen. Und die Bilder der Kinder sind dann wiederum eine Inspiration für mich. Es ist sehr wichtig, in die nächste Generation zu investieren.

Gordon Cheng wurde 1968 in Macau geboren. (Foto: Rainer Viertlböck)

Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, Mi, Fr bis So, Di 10-18 Uhr; Do 10-20 Uhr

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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