München:Ermittler wollen Oktoberfest-Attentat mit 3-D-Modell rekonstruieren

Gedenken an Wiesn-Attentat

Jedes Jahr wird der Opfer des Oktoberfest-Attentats gedacht. 13 Menschen sind vor 35 Jahren getötet worden.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Vor gut einem Jahr wurden die Ermittlungen zum Oktoberfest-Attentat neu aufgenommen.
  • Doch bislang haben die Ermittler der Soko "26. September" keine neuen Erkenntnisse.
  • Mit einem 3-D-Modell wollen sie nun die Situation am Tatort rekonstruieren.

Von Annette Ramelsberger

Sie haben sich durch meterweise Aktenregale gearbeitet, 26 000 Dokumente durchforstet, 157 000 Seiten Papier gescannt. Sie haben alte Fotos überprüft, nochmals mehr als 100 Zeugen befragt. Sie waren voll bei der Sache, suchten ein ganzes Jahr lang die heiße Spur - und nun haben sie nichts. Allerlei Hinweise zwar, neue Beweismittel, Splitter der Bombe, aber nichts, was sich zu einem Gesamtbild fügt. Das ist das bittere Zwischenergebnis der Soko "26. September", die seit einem Jahr versucht, doch noch die Hintermänner des Oktoberfest-Attentats vor nun 35 Jahren zu finden.

Wie die Situation rekonstruiert werden soll

Nun soll die Situation am Tatort am Eingang der Theresienwiese in einem 3-D-Modell rekonstruiert werden. Kurz vor Beginn des vergangenen Oktoberfestes, als die Zelte schon standen und die Situation ähnlich war wie am 26. September 1980, haben die Polizisten den Bereich rund um den damaligen Tatort mit 3-D-Lasertechnik vermessen. Dazu wurden mehr als 1700 alte Fotos von Rettungsdiensten und Zeitungsfotografen sowie Filmaufnahmen hinzugezogen - um genau erkennen zu können, wie die Situation damals war, als 13 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden waren.

Die bisherige Arbeit der Ermittler ist ähnlich mühevoll: Sie haben haufenweise Akten digitalisiert und elektronisch ausgewertet, Papiere von Bundeskanzleramt, BND, Militärischem Abschirmdienst. Darüber hinaus Unterlagen der Verfassungsschutzämter, des Bundeskriminalamts und der Landeskriminalämter, des Landtages, der Staatskanzlei, des bayerischen Innenministeriums, der Stasi-Unterlagenbehörde sowie des Bundesarchivs. Dafür hatten sie einen eigenen Suchwortkatalog erarbeitet: 200 Personen wie zum Beispiel der Attentäter Gundolf Köhler oder auch Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann wie Walter Ulrich Behle sind darunter. Dazu 20 Organisationen vor allem aus dem rechtsradikalen Bereich. Noch sind die Beamten an der Sichtung der Akten.

Der Verdacht gegen einen möglichen Hintermann verdichtete sich nicht

Und sie haben die Reste des Papierkorbs kriminaltechnisch überprüft, in dem die Bombe des rechtsradikalen Attentäters explodiert war. Die waren nach 35 Jahren wieder aufgetaucht - auch in Berlin, wo sie ein Opfer noch aufbewahrt hatte. Mehr als 400 solcher Beweisgegenstände wurden erfasst und teils erneut untersucht. Wie die SZ schon im Sommer berichtete, hat die Soko auch versucht, aus alten Studienunterlagen, auf denen die Fingerabdrücke von Köhler waren, noch DNA-fähiges Material zu extrahieren. Es gelang ihnen nicht.

Der Verdacht gegen einen Mann, den eine Zeugin als möglichen Hintermann bezeichnete, verdichtete sich nicht. Dieser Hinweis hatte vor einem Jahr zur Wiederaufnahme der Ermittlungen geführt. Die Zeugin hatte angegeben, am Tag nach dem Attentat im Schrank eines Bewohners eines Aussiedlerheims in München Flugblätter gesehen zu haben, die Gundolf Köhler als Attentäter nannten - was damals noch nicht bekannt war.

Aufgeben gilt nicht

Auch die Angaben einer Krankenschwester aus Hannover brachten keine belastbaren Hinweise auf unbekannte Mittäter Köhlers. Die Zeugin hatte angegeben, im ehemaligen Oststadtkrankenhaus in Hannover kurz nach dem Attentat einen ihr verdächtigen Patienten versorgt zu haben, der dort wegen einer Amputation am Unterarm in Behandlung war. Nach mehreren Zeugenvernehmungen und Durchsicht der teilweise noch vorhandenen Unterlagen des Oststadtkrankenhauses ließ sich das nicht bestätigen.

Viele Zeugen berichteten von Männern, die Köhler im Auto begleiteten, von einem Mann, der vom Tatort weglief und vielleicht eine Hand verlor, von der Explosion einer zweiten Bombe - doch nichts lässt sich bisher konkretisieren.

Die Ermittler arbeiten weiter. Aufgeben gilt nicht. Aber ob sie je etwas finden, ist ungewiss.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: