Regionalwahlen in Frankreich:Front National scheitert

  • Der rechtspopulistische Front National kann nicht wie befürchtet die Mehrheit in einer der französischen Regionen gewinnen.
  • Dabei hat wohl die Mobilisierung linker Wähler eine große Rolle gespielt.
  • Konservative und Sozialisten hatten sich zudem abgesprochen, um einen Sieg des Front National zu verhindern.

Von Christian Wernicke, Paris

Frankreichs Front National (FN) ist es am Sonntag nicht gelungen, auch nur eine der 13 Regionen des Landes zu erobern. Im zweiten Durchgang der landesweiten Regionalwahlen musste sich auch FN-Chefin Marine Le Pen, Spitzenkandidatin im äußersten Norden des Landes, geschlagen geben: In Nord-Pas-de-Calais-Picardie gewann der Republikaner Xavier Bertrand nach vorläufiger Auszählung der Stimmen etwa 57 Prozent. Im Südosten konnte sich der erzkonservative Republikaner und Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, mit 54 Prozent gegen die FN-Kandidatin Marion Maréchal Le Pen behaupten, die 26-jährige Nichte der Parteivorsitzenden. Vorige Woche hatten Kantersiege beider FN-Frauen im ersten Durchgang noch Befürchtungen geweckt, die Rechtsextremen könnte erstmals eine Region regieren.

Insgesamt dürfen sich die konservativen Republikaner von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy als Wahlsieger fühlen. Sie gewannen offenbar mindestens sieben der 13 Regionen. Dabei konnten sie den Sozialisten auch den Großraum Paris (Île-de-France) abjagen, die wichtigste Region nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft. Die regierenden Sozialisten schnitten besser ab als noch vor wenigen Wochen erwartet, sie gewannen fünf Regionen. Offen blieben zunächst die Machtverhältnisse auf der Insel Korsika. Der Urnengang galt als letzter Stimmungstest vor den Präsidentschaftswahlen 2017.

In ersten Stellungnahmen wollte FN-Chefin Le Pen nicht von einer Niederlage sprechen. Sie kritisierte, die etablierten Parteien hätten ihre Bewegung mit einer Angstkampagne verleumdet. Frankreich habe in Wahrheit kein Drei-Parteien-System (Republikaner, Sozialisten und FN), sondern kenne nur zwei Lager: "Mondialisten gegen Patrioten." Republikaner-Chef Nicolas Sarkozy versprach, seine Partei werde die Ergebnisse ernsthaft studieren. Für die Regierung zeigte sich Premier Manuel Valls erleichtert, aber er warnte: "Die Gefahr der extremen Rechten ist nicht abgewendet."

Zu dem Ergebnis trug bei, dass die Wahlbeteiligung im zweiten Durchgang deutlich höher lag als noch vor einer Woche. Diesmal gingen fast vier Millionen Franzosen mehr in die Wahllokale, die Wahlbeteiligung stieg um neun Punkte auf 59 Prozent. Die Mobilisierung linker Wähler darf vor allem Regierungschef Manuel Valls als persönlichen Erfolg verbuchen. Der sozialdemokratische Premier hatte im Laufe der vorigen Woche für einen harten Kurs gegen den FN geworben. Noch am Freitag hatte er für den Fall eines FN-Sieges "einen Bürgerkrieg" ausgemalt. Im Vorstand seiner sozialistischen Partei (PS) hatte Premier Valls durchgesetzt, dass die beiden im ersten Durchgang weit abgeschlagenen PS-Kandidaten im Norden und im Südosten aufgaben. Im zweiten Wahlgang hatte die Linke stattdessen zur Wahl der konservativen Republikaner aufgerufen. Diese Anti-FN-Strategie - "Republikanische Front" genannt - wirkte.

Aber auch in der neuen Großregion im Osten des Landes (Elsass-Lothringen-Champagne-Ardennen) musste sich der FN geschlagen geben. Dort hatte sich der lokale PS-Kandidat einen Rückzug verweigert. Aber FN-Kandidat Florian Philippot landete klar hinter dem Republikaner Philippe Richert. Der Elsässer gilt als gemäßigter Konservativer, was linken Wählern ein Votum für ihn erleichterte. Präsident François Hollande hatte bereits vor dem Urnengang signalisiert, er wolle trotz einer erneuten Schlappe seiner Sozialisten nicht die Regierung umbilden. Berater begründeten dies mit Verweis auf den nationalen Notstand, der nach den Attentaten mit 130 Toten bis Mitte Februar gilt. Spekulationen ranken sich um den populären Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, PS-Spitzenkandidat in seiner Heimat Bretagne. Hollande will auf den Vertrauten nicht verzichten - aber nach dem PS-Sieg im äußersten Westen erwarten viele, dass Le Drian die Region regiert.

Beschädigt ist Republikaner-Chef Sarkozy. Vor allem das Ergebnis im ersten Durchgang, bei dem der FN in sechs Regionen stärkste Partei war, bedeutete einen Rückschlag für die Strategie des Ex-Präsidenten. Sarkozy, der in den Élysée-Palast zurück will, hatte versucht, FN-Wähler mit scharfen Tönen gegen Ausländer, Muslime oder gegen Europa zu gewinnen.

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