Dachau:Auf ein Neues

Was Landkreisbürger in diesem Jahr erlebt haben, was sie sich für 2016 vorhaben, sich wünschen und vornehmen

Was Landkreisbürger in diesem Jahr erlebt haben, was sie sich für 2016 vorhaben, sich wünschen und vornehmen.

Berufswunsch Autolackierer

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(Foto: Niels P. Joergensen)

Mamadou Mane (Foto: Jørgensen) hat ein aufregendes Jahr hinter sich. Der 20-jährige Malier hat im September sein zweites Jahr an der Berufsschule in Dachau begonnen, im Sommer 2016 macht er seinen Abschluss. Mit seinem Deutsch ist er schon ganz zufrieden, aber in Mathematik, sagt er, will er sich noch verbessern. Für das neue Jahr wünscht sich Mane vor allem, dass er einen Ausbildungsplatz bekommt. Er will Autolackierer werden. Auf diesen Beruf hat er sich schon in den vergangenen Monaten mit einem Praktikum vorbereitet. Da ging er abwechselnd in die Berufsschule und zur Arbeit, eine Woche hier, eine Woche da. Bei Wind und Wetter fährt er mit dem Fahrrad. "Das macht aber nichts, es sind nur 15 Minuten", sagt er und lacht. Mane lebt in einer Asylbewerber-Unterkunft in der Gemeinde Hebertshausen. Dort fühlt er sich wohl. An Weihnachten hat er mit Freunden gekocht und "eine kleine Party gemacht". Er wünscht sich, dass er in Deutschland bleiben kann. "Hier habe ich die Chance auf Bildung", sagt er, "daheim in Mali ist das nicht so." Dort hat er lediglich die Koranschule besucht. Dann fällt ihm noch ein Wunsch ein. "Eine Freundin", sagt er, "das wäre auch nicht schlecht." asl

Die Zukunft des Klosters

Die Nachricht von der geplanten Auflösung des Birgitten-Klosters traf auch Altomünsters Bürgermeister Anton Kerle (Foto: Heigl) wie ein Donnerschlag. Nach 500 Jahren ist das Ende der Ordensgeschichte in der Marktgemeinde besiegelt. Jetzt geht es darum, wie der ortsprägende Komplex im Zentrum künftig sinnvoll genutzt werden kann. Kerle erwartet für 2016 noch keine Entscheidung, ist aber "zuversichtlich, dass die Kirche eine gute Entscheidung treffen wird". Kerle kann sich vorstellen, dass ein Teil des Klosters für die Kirchenverwaltung oder caritative Zwecke genutzt werden könnte. Die wertvollen Kunstschätze in den alten Gemäuern sollten aber auch für die Öffentlichkeit zugänglich werden. "Eine autarke Nutzung wie bei Klöstern, die irgendwo außerhalb eines Ortes liegen, ist bei uns in Altomünster nicht möglich", sagt Kerle. Es gebe Stimmen, die sich auch eine Schule im Kloster vorstellen können. Altomünsters Bürgermeister glaubt eher nicht daran. Neben der Zukunft des Klosters gibt es für ihn eine Reihe anderer Themen, die Altomünster im Jahr 2016 prägen werden. Im Fokus steht das neue Baugebiet "Am Sandgrubenfeld" mit mehr als 40 Wohneinheiten. "Das hat große Priorität." Auch der Erziehungs- und Bildungsbereich spielt eine große Rolle. Ein Anliegen sind dem Bürgermeister ausreichende Kapazitäten der Kindergärten und der Aufbau gebundener Ganztagsklassen an der Mittelschule, zumindest in den Jahrgangsstufen fünf und sechs. "Die Ganztagsbetreuung wird immer wichtiger", betont Kerle. Das Jugendzentrum, bisher in der alten Schule untergebracht, soll in das Bahnhofsgebäude ziehen. Die renovierte Schule ist als Standort für den Gemeindekindergarten im Gespräch. Einen großen Wunsch hat Kerle noch: "Die S-Bahn muss noch besser werden." sto

Zwischen Hoffen und Bangen

Petra Weindl (Foto: Heigl) befürchtet, dass 2016 ein Trennungsjahr wird. Denn wie Trennung fühle es sich an, sagt sie, von "ihrer" Schule wegzugehen. Im Herbst hätte sie an der Dr.-Elisabeth-Bamberger-Schule in Karlsfeld 25 Jahre Betriebszugehörigkeit feiern wollen. Doch im Juli soll die Schule geschlossen werden. Der Träger, der Verein Kinderschutz, kann den Schulbetrieb nicht mehr refinanzieren. Die Förderung von Freistaat und Bezirksregierung reicht nicht aus. Sonderpädagogin Petra Weindl ist nicht nur die langjährigste Mitarbeiterin an der Schule für Kinder und Jugendliche mit sozialem und emotionalem Förderbedarf, sondern seit Frühjahr 2014 auch deren Leiterin. "Ich habe hier meine Erfüllung gefunden", sagt die 56-Jährige. "Ich bin absolut überzeugt von unserem Konzept." Umso mehr sorgt sie sich nun um die Zukunft der Kinder und Jugendlichen, die, wie sie sagt, "eine Schule wie unsere dringend benötigen, um sich gut entwickeln zu können." Ihnen werden Chancen benommen, sagt Weindl. Die Kinder und Jugendlichen, die oft eine lange unglückliche Schulkarriere hinter sich haben, fänden an der Bamberger-Schule häufig ihre ersten und einzigen Beziehungskonstanten außerhalb der Familie. "Wir nehmen sie hier ernst." Der Eindruck bei den Jugendlichen sei häufig nachhaltig, hin und wieder kämen längst erwachsene Ehemalige zurück, um Danke zu sagen. Weindl lobt das gut eingespielte Team, das in den vergangenen Monaten erst recht seine Qualitäten bewiesen habe. Schon länger war den Heil- und Sozialpädagogen, Lehrern und Therapeuten klar, dass die Schule in Schwierigkeiten steckt. Doch keiner sei deshalb abgesprungen, niemand habe die Schule freiwillig verlassen. "Dieser Zusammenhalt unter den Kollegen und wie die Kinder an ihrer Schule hängen, das bestätigt mich in meiner Arbeit." Man sei eine echte Schulfamilie: "Ich werde diese Arbeitsatmosphäre so nicht mehr finden." Noch will sie die Hoffnung nicht aufgeben, dass eine Lösung gefunden wird, schließlich sei diese besondere Art der Beschulung für die Kinder und Jugendlichen eine "bildungspolitische Notwendigkeit". vgr

Landrat Löwls Headhunter

Die Frage findet Ulrich Wamprechtshammer (Foto: Jørgensen) durchaus berechtigt: Warum gibt ein 40-jähriger Beamter den Superjob als Leiter des Kreisjugendamts auf, um im Jahr 2016 in das trockene Metier der Personalverwaltung zu wechseln? Vor allem: Was kann einer daran gut finden? Zudem ist der Wechsel innerhalb des Dachauer Landratsamts mit einem formalen Abstieg vom Sachgebietsleiter zurück "ins Glied" der Verwaltung verbunden. Ulrich Wamprechtshammer sagt: "Ich freue mich." Im Gespräch wirkt er heiter gelöst, dass man versucht ist, ihm tatsächlich zu glauben. Andererseits schwärmt er von seiner bisherigen Tätigkeit, von seinem "sehr gestaltungsreichen Posten" derart, dass man jetzt schon genau wissen will, wie die neue Aufgabe dagegen bestehen kann. Anscheinend war Wamprechtshammer der Wunschkandidat von Landrat Stefan Löwl für eine innere Organisation des Landratsamt. Der frühere Chef des Jugendamts wird zu einer Art betriebswirtschaftlich tätiger Beamter. Er soll den Zuschnitt der Aufgabenbereiche überprüfen und sie verbessern helfen. Zu dieser internen Stellenbeschreibung kommt noch eine weitere hinzu, bei der er vermutlich von seiner bisherigen Tätigkeit profitieren kann. Die war davon geprägt, auf Herausforderungen in der Jugendpolitik schnell und mit neuen Ideen zu reagieren. Jetzt soll er herausfinden, wie das Landratsamt im Ballungsraum attraktiv für neue Mitarbeiter wird. Die Gehälter im öffentlichen Dienst sind es vermutlich nicht. Ulrich Wamprechtshammer wird also der neue persönliche Headhunter von Landrat Löwl. Der Noch-Jugendsamtleiter weist diesen Begriff als zu hoch gegriffen zurück und fügt hinzu, dass er irgendwie doch "zutreffend" sei. Seit 2007 leitet Ulrich Wamprechtshammer das Kreisjugendamt. Damals war er der jüngste seiner Art in ganz Bayern. Bis zum März 2016 wird er seine Nachfolgerin Steffi Weinhold aus Fürstenfeldbruck noch einarbeiten. Insgesamt fühlt er sich mit 40 Jahren zu jung, um in ein und derselben Sparte zu bleiben. Sein Lebensmotto lautet: "Wer begonnen hat zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden." we

Verletzungsfrei zu Gold fahren

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(Foto: N/A)

Michael Teuber aus Odelzhausen (Foto: privat) ist vierfacher Paralympics-Sieger im Radsport. Er ist seit einem Autounfall im Jahr 1987 inkomplett querschnittsgelähmt. Nach langer Rehabilitationsphase arbeitete er sich sukzessive in die Weltelite vor. Nach Athen, Peking und London sieht Teuber 2016 seinen vierten Paralympischen Spielen entgegen: "In Rio de Janeiro steht sportlich ein sehr wichtiges Jahr für mich an. Die paralympischen Wettkämpfe sind das Highlight schlechthin, das alles andere überragt. Insofern wünsche ich mir für 2016, dass ich meinen eigenen Fahrplan und das Trainingspensum, das ich mir vorgenommen habe, verletzungsfrei durchbringe. Das vergangenene Jahr war trotz mehrerer Verletzungen wie einem Schlüsselbeinbruch eines der erfolgreichsten meiner Karriere. Ich habe fünf von acht Weltcuprennen gewonnen und den vierten Gesamtweltcupsieg. Als amtierender Weltmeister im Zeitfahren möchte ich in dieser Disziplin auch in Rio mindestens eine Medaille gewinnen, am besten die goldene. Obwohl ich mit 46 Jahren nicht mehr der Jüngste bin, fühle ich mich besser als je zuvor. Diese Form will ich im nächsten Jahr bestätigen. Für meine Biografie, die kurz vor den Paralympics erscheinen wird, erhoffe ich mir großes Interesse. Bei allem sportlichen Ehrgeiz habe ich aber auch den Wunsch, dass die vielen Krisen, die global herrschen, ein Ende finden. Für meine Familie und mich wünsche ich mir in erster Linie Gesundheit. " emo

Berufliche Ungewissheit

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Anja Kreter (Foto: Jørgensen) ist Rektorin der Ludwig-Thoma-Mittelschule in Dachau, die zum Ende des Schuljahres schließt, weil nur noch 120 Kinder und Jugendliche sie besuchen. Im April hatte der Stadtrat beschlossen, die Schule aufzulösen. Schüler, Ehemalige und Eltern protestierten, organisierten sogar Demos, doch die Stadträte ließen sich nicht umstimmen. Das Gebäude ist für eine Nutzung durch die Volkshochschule im Gespräch: "Das kommende Jahr wird für alle hier an der Schule sehr spannend. Unsere sechsten und siebten Klassen werden auf die anderen beiden Mittelschulen aufgeteilt und müssen sich an neue Mitschüler, Lehrer und an eine neue Umgebung gewöhnen. Meine Kollegen werden sich auch neu orientieren müssen. Wo das sein wird, weiß keiner. Auch unser Hausmeister, unsere Sekretärin und die Jugendsozialarbeiterin verlassen nach Jahren ihr vertrautes Umfeld. Nicht zuletzt wird es auch für mich eine große Umstellung. Fünf Jahre durfte ich diese kleine, feine und altehrwürdige Schule leiten. Was auf mich zu kommt? Wer weiß? Eine Schule weit weg? Eine größere Schule? Ein Einsatz als Lehrerin, weil nichts Passendes frei wird? Egal, in jedem Ende liegt die Chance auf einen Neustart. Aber neben all dem Neuen geht es ja auch immer um das was bleibt, was wirklich oberste Priorität hat. Das sind meine beiden Kinder und meine Mama. Für sie wünsche ich mir viel Glück und Gesundheit." vgr

Lampenfieber vor der Einzelausstellung

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(Foto: npj)

Karin Schuff (Foto: Jørgensen) hat ein anstrengendes Jahr vor sich. Im Oktober eröffnet die gebürtige Schwedin ihre erste Einzelausstellung in der Galerie der Künstlervereinigung Dachau seit dem Jahr 2005. "Bis dahin heißt es arbeiten, arbeiten", sagt sie. "Zwischenräume" soll die Ausstellung heißen. Schuff arbeitet seit etwa eineinhalb Jahren daran. Welche Stücke genau sie am Schluss aufnehmen wird, weiß sie noch nicht. Begonnen hat alles auf der Insel Capri im Sommer 2014. Dort verbrachte Schuff gemeinsam mit Musikern, Bildhauern, Schriftstellern und anderen Malern drei Wochen bei einem Workshop. Inspiriert von der Landschaft und der Atmosphäre unter den Künstlern fertigte sie erste Skizzen an, die Idee einer neuen Ausstellung entstand in ihrem Kopf. "Ich wollte etwas Neues, Leichtes ausprobieren", sagt Schuff, "etwas, das nicht so überladen ist." Die Ausstellung ist für sie ein neuer Schritt, ein Versuch der Weiterentwicklung. Schuff stellt gerne gemeinsam mit anderen aus. Die Impulse der anderen Künstler empfindet sie als bereichernd. "Ganz alleine ist es schon ein Sprung ins kalte Wasser", sagt sie. Der Eröffnung im Oktober blickt sie mit einer Mischung aus Vorfreude und Nervosität entgegen. "Ich bin jetzt in Dachau zu Hause", sagt sie, "und zu Hause alleine auszustellen, ist schon aufregend." asl

Ein neues Gebäude für die Polizei

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(Foto: DAH)

Weihnachten ist zwar vorbei, aber einen Wunschzettel hat Thomas Rauscher (Foto: Heigl) noch immer. Der Leiter der Polizei Dachau wünscht sich, dass das Anliegen, das oben auf der Liste seiner Dienststelle steht, im neuen Jahr in Erfüllung geht: "Ich hoffe, dass 2016 die Weichen für einen Neubau der Polizeiinspektion auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei gestellt werden", sagt er. Die Umzugsdiskussion zieht sich bereits seit Jahren hin. Noch hat das bayerische Innenministerium nicht abschließend entschieden, ob ein Neubau oder eine Sanierung des derzeitigen Standorts an der Dr.-Höfler-Straße die bessere Variante ist. In jedem Fall geht es um Ausgaben in Millionenhöhe. Rauscher spricht sich gegen die Sanierung des baufälligen Polizeigebäudes aus. "Für die Bürger gäbe es mit einem Neubau einen zentralen Standort der Polizei", erklärt er. Zudem sei die unmittelbare Nähe zur KZ-Gedenkstätte von Vorteil, da dort schnelle Polizeipräsenz immer wieder gefordert sei. Angesichts steigender Einwohnerzahlen im Kreis werde auch die Polizei mitwachsen müssen. Auch das könnte bei einem Neubau berücksichtigt werden. Darüber hinaus wünscht sich Rauscher für 2016, dass die Kriminalität im Landkreis weiterhin gering bleibt. SJAN

Gelebtes Miteinander

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(Foto: Toni Heigl)

Wenn Christine Torghele-Rüf (Foto: Heigl) in diesem Jahr eines gelernt hat, dann, mit Plänen umzugehen, die bereits nach wenigen Stunden wieder über den Haufen geworfen werden. In der Asylsozialberatungsstelle der Caritas hatte sie ein arbeitsintensives und erlebnisreiches Jahr. "Es ging ziemlich rasant zu", sagt sie. Mit fünf Kollegen hat das Jahr begonnen, am Ende waren es 18. Mehrere hundert Flüchtlinge haben sie gemeinsam mit dem Landratsamt und den ehrenamtlichen Helferkreisen vom ersten Ankommen im Landkreis bis zum Alltag in den dezentralen Unterkünften versorgt. "Wir sind oft an Grenzen gestoßen", sagt Torghele-Rüf, "aber wir haben immer einen Weg gefunden, sie zu überwinden." Trotz der Schwierigkeiten und gelegentlichen Reibereien zieht sie ein positives Resümee. Ihr ist vor allem die immense und anhaltende Hilfsbereitschaft der Menschen aus dem Landkreis im Kopf geblieben. "Es gibt mittlerweile ein sehr großes Miteinander", sagt sie. Auch bei den Strukturen zum Umgang mit Flüchtlingen habe sich viel getan, nicht nur bei der Caritas. Ob das neue Jahr eine Verschnaufpause für alle bringt, die mit Flüchtlingen zu tun haben, traut sich Torghele nicht vorherzusagen. In jedem Fall sei es wichtig, auch für die Helfer da zu sein, findet sie. Denn wer täglich eine solche Leistung erbringe, müsse auch für sich selbst sorgen. Die größte Herausforderung im neuen Jahr ist für Torghele-Rüf einerseits die Integration der Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben können. "Wir müssen die Leute begleiten", sagt sie, "an der Gesellschaft teilhaben lassen und ihnen Zugang zu Deutschkursen, Bildung, Wohnungen und Arbeitsplätzen verschaffen." Doch auf der anderen Seite müsste man sich im kommenden Jahr auch von einigen Asylbewerbern verabschieden. "Negative Asylbescheide werden anstehen", sagt sie, "damit umzugehen ist nicht leicht." asl

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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