Jäger: Bild der Kölner Polizei "nicht akzeptabel"
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat der Kölner Polizeiführung im Zusammenhang mit dem umstrittenen Einsatz am Kölner Hauptbahnhof schwerwiegende Fehler vorgeworfen. "Das Bild, das die Kölner Polizei in der Silvesternacht abgegeben hat, ist nicht akzeptabel", sagte Jäger bei einer Sondersitzung im Düsseldorfer Landtag (hier das Redemanuskript als PDF).
"Die Kölner Polizei hatte kein einheitliches Bild der Lage." Deshalb habe sie die angebotene und "dringend benötigte Verstärkung für diese unerwartete Lageentwicklung" nicht abgerufen. Die Polizei hätte auf die Entwicklung reagieren und auf die verfügbaren Einsatzkräfte zurückgreifen müssen.
Der Innenausschuss des Landtags befasst sich in seiner Sondersitzung mit den Exzessen am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht. Zahlreiche Frauen waren sexuell bedrängt und ausgeraubt worden. Mittlerweile liegen mehr als 500 Anzeigen vor.
Jäger kritisierte auch die Öffentlichkeitsarbeit der Kölner Polizei. Eine selbstkritische, transparente Aufarbeitung sei Pflicht. Die Polizei hatte trotz der Übergriffe am Hauptbahnhof am Neujahrsmorgen von einer entspannten Lage und einem guten Einsatz der Polizeikräfte in der Nacht gesprochen. Jäger wies eine direkte Verantwortung seines Ministeriums für die mangelnde Information zurück: "Es gab keine Anweisungen, den Status von Tatverdächtigen oder Störern zu verschweigen."
Jäger zu den mutmaßlichen Tätern
"Es waren fast ausschließlich Menschen mit Migrationshintergrund, die diese Straftaten begangen haben", sagte Jäger. Darauf deuteten sowohl die Zeugenaussagen als auch der Bericht der Kölner Polizei und die Schilderungen der Bundespolizei. Vieles spreche zudem dafür, dass es "Nordafrikaner wie auch Menschen aus dem arabischen Raum waren".
Unter den Verdächtigen seien auch Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr nach Deutschland gekommen seien. Es wäre "weltfremd" zu glauben, dass "alle Unschuldslämmer sind", sagte der Minister weiter. Zugleich verwies er darauf, dass die große Mehrzahl der Asylsuchenden sich in die Gesellschaft einfügen wolle.
Nach Angaben der Kölner Polizei stehen derzeit 19 Personen unter Tatverdacht. Alle sind "nichtdeutscher Identität". 14 von ihnen kommen aus Marokko oder Algerien. Zehn von ihnen sind Asylbewerber, überwiegend sind sie seit September 2015 in Deutschland registriert. Neun Verdächtige leben nach bisherigen Erkenntnissen illegal in Deutschland.
Zum Verlauf des Abends sagte der NRW-Innenminister: "Nach dem Alkohol- und Drogenrausch kam der Gewaltrausch. Und es gipfelte in der Auslebung sexueller Allmachtsfantasien." Das müsse hart bestraft werden. Allerdings sei die Ermittlungen äußerst komplex. Wie viele Verurteilungen es geben werde, sei ungewiss.
CDU spricht von "Staatsversagen"
Die CDU-Opposition in dem Bundesland sieht hingegen auch Innenminister Jäger selbst in der Verantwortung. Der CDU-Abgeordnete Theo Kruse sprach von einem "Höhepunkt des Staatsversagens in Nordrhein-Westfalen".
Er warf Jäger vor, zu lange am Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers festgehalten zu halten. Die Opposition habe Jäger schon vor den Vorfällen an Silvester oft gefragt, ob der Polizeipräsident noch das Vertrauen des Innenministers verdient. "Da haben Sie immer gelächelt, daher tragen Sie auch Mitverantwortung."
Jäger hatte den verantwortlichen Polizeipräsidenten Albers am Freitag in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Gregor Golland, Innenexperte der CDU-Fraktion, warf Jäger zudem ein "Versagen" seiner Sicherheitspolitik vor. Es sei falsch, die Verantwortung auf die Kölner Polizei abzuschieben. "Die Lage ist Ihnen entglitten. Sie sind verantwortlich für die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen."
Flüchtlinge:Unschuldige dürfen nicht für Köln büßen
Die Gewalttäter von Köln gehören bestraft - so schnell wie möglich. Aber besoffene Machos in der Silvesternacht sollten nicht die deutsche Flüchtlingspolitik bestimmen dürfen.
Mit Material von dpa und Reuters
Linktipps:
- Den Bericht des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen zu den Übergriffen in Köln finden Sie hier.
- Der Bericht des Polizeipräsidiums Köln zur Silvesternacht kann hier eingesehen werden.