Oberhaching:Vor dem Fallen gefeit

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Ein 22-jähriger Zimmerer erfindet einen Hammerhalter, der hält

Von Markus Mayr, Oberhaching

Es ist kein missglückter Versuch des Lehrlings gewesen, seinen unliebsamen Meister loszuwerden. Versehentlich rutschte der Hammer aus der Trageschlaufe am Gürtel des angehenden Zimmermanns, während dieser die Leiter vom Dach des Hauses herunterstieg, an dem sie gerade bauten. Der schwere Hammerkopf hatte Übergewicht bekommen und wurde von der Schwerkraft gnadenlos nach unten gezogen - hin zu der Stelle, wo der Zimmerermeister sich gerade mit dem Bauherren unterhielt. Das gut ein halbes Kilo schwere Werkzeug schlug etwa einen Meter neben den beiden auf der Erde auf. "Glück gehabt", sagt Luca Fürmann. Das hätte böse enden können. Der Lehrling ist inzwischen nicht nur Geselle, sondern auch Entwickler einer Erfindung, die hilft, die Köpfe von Meistern, Bauherren und Arbeitskollegen zu verschonen.

Das Beinahe-Unglück im Jahr 2014, von dem der 22-jährige Oberhachinger erzählt, ist wohl nur der brenzligste von vielen Momenten in seiner Lehrzeit gewesen, in denen sein Hammer aus der Schlaufe fiel. "Nervig" sei das immer gewesen, sagt Fürmann, er selbst dagegen "machtlos". Doch den Hammer müsse er "am Mann" haben, "er ist das wertvollste Werkzeug". Deshalb hat er in den Tagen nach diesem Zwischenfall über das Problem der abstürzenden Hämmer gegrübelt. "Daheim habe ich dann meine Überlegungen am Holz umgesetzt", erzählt er. Heraus gekommen seien "grobe Probestücke" von hölzernen Gürtelschlaufen, in denen er den Stiel des gebräuchlichen Zimmererhammers mittels einer 90 Grad-Drehung fixieren konnte. Mithilfe eines Freundes und dessen 3D-Drucker fertigte er einen ersten Prototypen aus Kunststoff.

Diesen setzte Fürmann noch während seiner Lehre einer tagelangen Bewährungsprobe aus. "Wir mussten damals ein kompliziertes Gerüst abbauen", erzählt er: unzählige Möglichkeiten für den Hammer, sich irgendwie aus der neuartigen Feststell-Schlaufe drücken zu lassen. Doch nachdem Fürmann immer wieder den Sitz des Hammers geprüft hatte, durfte er feststellten: "Hey, das ist ja fantastisch, der ist ja immer noch da." Ein Manko wies die Erfindung aber dann doch auf: mit ihren scharfen Kanten zerschnitt die an Fürmanns Hüfte angebrachte Halterung die Ledersitze seines Autos. Doch dieses Problem behob er im Lauf des vergangen Jahres.

Inzwischen hat der 22-Jährige eine Spritzgussfirma in China gefunden, die seine Erfindung so günstig produziert, dass er es sich leisten kann. "Mein komplettes Kapital habe ich in Hammerhalter angelegt", erzählt er. 10 000 Stück hat er bestellt, in diesen Tagen werden die Produktionsmaschinen anlaufen. Bald darauf wird Fürmann Tausende Hammerhalter bei sich daheim in Oberhaching haben. Und dann wird er sich in sein Auto mit den vormals aufgeschlitzten Sitzen setzen und anfangen, sein Produkt in den Handwerksbetrieben und auf den Baustellen des Landes anzupreisen. Denn den Vertrieb muss er selbst übernehmen, er hat kein Geld mehr. "Aber es ist auch authentischer, wenn ich das selber mache", sagt der Erfinder und klingt optimistisch. Im April läuft der sogenannte Gebrauchsmusterschutz seines Hammerhalters aus. Hoffentlich hat er bis dahin das Geld für ein echtes Patent zusammen, sodass ihm niemand seine Idee klauen kann.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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