Metzgerinnung:Auf der Suche nach der besten Weißwurst Münchens

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Andreas Gaßner ist Obermeister der Münchner Metzgerinnung. Und als solcher darf er nicht an der Weißwurstprüfung teilnehmen. (Foto: Catherina Hess)

Zu viel Liebstöckel und Zitronen, ein zu geringer Anteil an Schwarte: Die Weißwurstprüfung der Metzgerinnung ist eine ernste Angelegenheit. Die Juroren lassen sogar Laborergebnisse in die Wertung einfließen.

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Schon klar: Scharfer Senf zu Weißwürsten ist tabu, ebenso der Verzehr nach zwölf Uhr mittags. Und die besten der besten der besten Weißwürste macht - na wer wohl? - natürlich der Stammmetzger gleich um die Ecke.

Wenn es um die Weißwurst geht, sind viele schnell mit einfachen Weisheiten bei der Hand. Dazu gehört auch die Mär vom obligatorischen Zuzeln. Aber die wird am häufigsten von Leuten kolportiert, die nicht aus Bayern kommen, dafür aber umso folkloristischer drauf sind. Da wird munter drauflos gezuzelt (die Zuzler sprechen das mit kurzem "u" aus) und überhaupt viel Schmarrn geredet. Gerne geben selbsternannte Kenner die Geschichte von der Erfindung der Weißwurst im Jahr 1857 durch den Münchner Wirt Sepp Moser zum Besten. Da spielt es keine Rolle, dass diese längst widerlegt ist, ist ja eine schöne Geschichte. Wie genau die Wurst entstanden ist, weiß man nicht.

Eine Goldmedaille gibt's nur für fehlerfreie Würste

Wenn sich die Jury der Münchner Metzgerinnung wie am Mittwoch zur alljährlichen Weißwurstprüfung trifft, geht es nicht um die richtige Art des Verzehrs oder die Story von der Weißwurst. Es ist vielmehr eine ernste Angelegenheit: Acht Menschen sitzen in der Jury, zwei Vertreter der Münchner Gastronomie, zwei Verbraucher, zwei vom Veterinäramt und zwei Metzgermeister aus anderen Innungen. Der Obermeister der Münchner Metzgerinnung, Andreas Gaßner, darf selber nicht mitmachen, nicht dass noch der Verdacht der Befangenheit aufkommt.

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65 Betriebe sind Mitglied der Münchner Metzgerinnung. 26 davon haben sich für die Bewertung angemeldet. Die Proben haben die Tester unangekündigt am Tag der Prüfung direkt aus der Theke abgeholt, es soll ja nicht gemauschelt werden. Dass weniger als die Hälfte aller Betriebe sich der Prüfung stellen, liegt nicht zuletzt daran, dass die Tester sehr streng mit ihrem Urteil sind. Eine Goldmedaille gibt es nur für fehlerfreie Würste. Wer mehrmals hintereinander nur Bronze bekommt, erklärt Andreas Gaßner, mache lieber gleich gar nicht mit.

Nach welchen Kriterien bewertet wird

Und Fehler, so zeigt sich bei der Prüfung, sind schnell gefunden. Bewertet werden der "äußere Zustand" der Weißwurst, das Aussehen und die Farbe, die Konsistenz und - die wichtigste Kategorie - Geruch und Geschmack. Es geht relativ nüchtern zu in Gaßners Marktstüberl im Viehhof. Da wird erst eine kalte Wurst in der Mitte auseinandergeschnitten und dann optisch analysiert.

Ist die Wurst etwa zu grau, entsteht der Verdacht, dass nicht nur Kalbfleisch, sondern Rindfleisch enthalten ist. Geübte Augen wissen auch den Anteil an Schwarte einzuschätzen. Manchen missfällt ein zu hoher Anteil an Petersilie. Auch beim Geschmackstest diskutieren die Juroren, ob die Zwiebelnote bei der einen Wurst und die Zitronennote bei der anderen nicht doch einen Tick zu stark sind - wofür es Punktabzug gäbe und die Goldmedaille futsch wäre. Auch ein zu hoher Anteil an Liebstöckel und damit ein zu starkes Suppenwürzen-Aroma kann die Wertung versauen.

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Dem Juroren Christian Schottenhamel, Wirt, und Werner Braun von der Metzgerinnung Dachau kommt es auch auf ein gutes Mundgefühl an, wie sie sagen. Und so wird Wurst um Wurst zerschnitten, kritisch zerkaut und das Ergebnis diskutiert.

Was will der Kunde?

Der Test der Jury, dessen Ergebnis Ende Januar mitgeteilt wird, ist subjektiv. Um den Originalgeschmack nicht zu verderben, läuft der Test ohne Senf, Weißbier und Brezen ab. Eine objektive Beurteilung der Inhaltsstoffe liefert dann erst eine Auswertung der Würste im Labor. Bei dem Test gehe es auch darum, den Kollegen mitzuteilen, was sie verbessern könnten, sagt Werner Braun. Ob sie die Ratschläge beherzigen, bleibt ihnen überlassen. Letztlich kommt es darauf an, was der Kunde will.

Und der will durchaus mehr, als nur ab und zu eine Weiße zum Frühstück. Im Internet finden sich unzählige Rezepte, zum Beispiel für panierte Weißwurst, Weißwurstsalat und weitere Kreationen. Das feine Aroma der Wurst lässt Experimente zu. Nur sollte man dabei ein bisschen aufpassen, wie einst ein Regensburger Metzger lernte. Für eine Faschingsfeier schuf er knallrote Weißwürste, die sich im heißen Wasser aber schwarz verfärbten. Ein komplett unpassender Farbton, wie sich zeigte - Veranstalter der Feier war die SPD.

© SZ vom 15.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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