Prozess:Frau zieht mit Sohn nach Kanada - wegen Kindesentziehung verurteilt

Sie hatte bei der Scheidung das alleinige Sorgerecht für den Siebenjährigen zugesprochen bekommen - doch dann verhinderte sie, dass der Vater seinen Sohn überhaupt zu Gesicht bekam.

Von Christian Rost

Erst verwehrte die 46-Jährige ihrem Ehemann den Umgang mit ihrem gemeinsamen Sohn. Dann zog die Frau mit dem Siebenjährigen nach Kanada, sodass der Vater über Jahre hinweg überhaupt keine Möglichkeit mehr hatte, sein Kind zu sehen. Das Münchner Amtsgericht wertete den Fall jetzt als Entziehung Minderjähriger und verhängte gegen die Mutter eine einjährige Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Bei der Scheidung hatte die Frau das alleinige Sorgerecht für den Sohn zugesprochen bekommen. Der Vater durfte nach einer Anordnung des Familiengerichts sein Kind aber mindestens einmal wöchentlich für etwa sieben Stunden sehen. Außerdem durfte es am Wochenende beim Vater übernachten, so zumindest die Vorgabe des Gerichts.

Die Mutter fügte sich der Anordnung aber nicht und verhinderte, dass der Vater seinen Sohn überhaupt zu Gesicht bekam. Erst behauptete sie, nicht mehr in Deutschland zu leben - was nicht stimmte. Dann zog sie im Frühjahr 2012 tatsächlich mit ihrem Sohn nach Kanada an einen unbekannten Ort, weshalb der Ex-Mann den Jungen überhaupt nicht mehr sehen konnte. Als die Frau schließlich im August 2015 zurück nach Deutschland flog, wurde sie am Flughafen verhaftet. Der Haftbefehl wurde am Tag darauf außer Vollzug gesetzt.

Frauen und Kinder würden nicht ausreichend geschützt, sagt die Angeklagte

Vor dem Amtsgericht legte die Frau nun ein Geständnis ab. Sie meinte jedoch, dass sie sich als "liebende Mutter" rechtmäßig verhalten habe. Frauen und Kinder würden durch Gesetze und Gerichte in Deutschland nicht ausreichend geschützt, sagte sie, weshalb ihr Sohn auch Jura studieren und Richter werden solle.

Sie habe sich durch das Verhalten ihres Ex-Mannes in ihrer psychischen Stabilität beeinträchtigt gefühlt und sei großem Stress ausgesetzt gewesen, so die Angeklagte. Den Kontakt ihres Kindes zum Vater habe sie jedoch nicht unterbinden wollen, so die Mutter, die ihren Ex-Mann auf keinen Fall mehr sehen wollte. Dass Vater und Sohn keinen Kontakt mehr hatten, lag ihrer Aussage zufolge vor allem daran, dass der Ex-Mann "keine weitergehenden Schritte" unternommen habe.

Für das Gericht reichte eine Geldstrafe für diesen Fall von Kindesentziehung nicht mehr aus. Vor allem der lange Zeitraum, in dem die Mutter dem Vater den Sohn vorenthielt, wurde zu Lasten der emotional instabilen Angeklagten gewertet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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