Ski alpin:Neureuther trotzt den Skifahrer-Schmerzen

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Felix Neureuther fehlen in dieser Saison die absoluten Top-Ergebnisse. (Foto: Getty Images)
  • Vor dem Nachtslalom in Schladming deutet sich bei den deutschen Technikern ab, dass Fritz Dopfer der konstanteste Fahrer ist.
  • Felix Neureuther kämpft mit seinem Körper.

Von Johannes Knuth

Die Augen glasig. Blass war Felix Neureuther auch. Das war nur bedingt ein Skirennläufer, der sich am Sonntag in Kitzbühel ins Starthaus schob, das war ein Patient, der eigentlich ins Bett gehörte. "Gekämpft wie ein Löwe", japste Neureuther nach seinem zweiten Lauf, "mir ist so dermaßen die Kraft ausgegangen. Ich bin seit Wengen einmal Langlaufen gewesen." Ansonsten lag er im Bett. Sein siebter Platz war da ein achtbarer Ertrag, in den Kreis der Besten konnte er freilich nicht vorstoßen, auch nicht zu Fritz Dopfer, Teamkollege, Bester des ersten Laufs. "Hoffentlich", sagte Neureuther, "drückt der Fritz jetzt einen runter. Ich wünsche es ihm wirklich sehr."

Der Fritz ist dann Dritter geworden beim Slalom in Kitzbühel, es reichte nicht ganz für seinen ersten Sieg im Weltcup. Dopfer starrte zunächst ein wenig ratlos auf das Ergebnis, dann nickte er, doch, ja, damit konnte er leben: Nicht mal eine halbe Sekunde trennte ihn von den Edelfahrern des Winters, von Marcel Hirscher/Österreich (0,42) und vom Norweger Henrik Kristoffersen (0,45). "Ich habe in beiden Läufen mein Maximum abgeliefert, da kann man sich keine Vorwürfe machen", sagte Dopfer. Zum Saisonbeginn war das ja nicht immer so gewesen. Dopfer befand: "In der Tonart kann es weitergehen."

Es ist bislang eine Saison der wechselnden Stimmlagen für die ambitionierten Techniker im Deutschen Skiverband. Dopfer hat sich zurück in den Kreis der Besten geschoben. Dominik Stehle trug in Kitzbühel als 22. erneut ein paar Weltcup-Punkte davon, Stefan Luitz wurde gar 18., seine Kernkompetenz ist eigentlich der Riesenslalom. Linus Strasser kämpft derweil weiter mit den Tücken seines Metiers, vor einem Jahr drängelte er sich auf dem schweren Hang in Kitzbühel in die Elite, am Sonntag schied er im zweiten Lauf aus.

Abfahrt in Kitzbühel
:Wächter der Streif kalkulieren eiskalt

Erst nach 30 Startern wird die Abfahrt in Kitzbühel abgebrochen - genau 30 Starter braucht es, damit das Rennen gewertet werden kann. Solches Kalkül ist den Organisatoren vorzuwerfen.

Kommentar von René Hofmann

Es war an Dopfer, mit seiner ersten Podiumsplatzierung in diesem Winter für den DSV das beste Ergebnis in die Wertung zu tragen, "beim König der Slaloms", wie Alpindirektor Wolfgang Maier anerkennend feststellte. Dopfer, 28, hatte die Aufgabe des Vortänzers allerdings nicht zum ersten Mal übernommen, und er wird vermutlich auch nicht zum letzten Mal in diese Rolle geschlüpft sein.

Für Neureuther ist es, wie er befindet, "eine Übergangssaison, das kann man wirklich sagen". Den 31-Jährigen plagen bereits seit einer Weile Rückenschmerzen. In der Sommerpause hat er die Ärzte gefragt, ob er seine Karriere weiterführen könne. Er könne, sagten sie. Aber Neureuther sah ein, dass er die Schmerzen nicht länger mit Medikamenten dämmen konnte.

"Ich probiere, den Körper so weit zu stabilisieren, dass es für die nächsten zwei Jahre passt", sagt Neureuther, bis zu den Winterspielen 2018. Weil er im Sommer erst einmal die Entzündung aus dem Körper treiben musste, ergründet Neureuther nun im laufenden Weltcup-Betrieb, welche Kraftübungen ihn stärken könnten, ohne ihn zu sehr zu belasten. Er sei überzeugt, "dass ich noch vieles aus meinem Körper rausholen kann. Schmerzfrei."

Henrik Kristoffersen ist wieder nicht zu bremsen

Felix Neureuther ist seit einer Weile ein Athlet mit eingebautem Trainingsrückstand, und jetzt, da sich Kristoffersen und Hirscher auf ein neues Level heben, zeichnen sich die Defizite noch ein wenig schärfer ab. Bei der Abstimmung von Skiern, Bindung und Schuhen, "sind wir ein Stück weit stehen geblieben", gesteht Neureuther ein. Und wenn er sich dem Start nähert, sinniert er über Bewegungsabläufe, "ich muss erst wieder die Sicherheit finden, das Vertrauen in meinen Körper".

Slalom ist ein schneller Tanz, so schnell, dass man ihn nur mit antrainierten Reflexen überzeugend ausführend kann. Slalomfahrer rauschen mit bis zu 60 km/h durch ein Feld aus Eis. Rillen, Wannen, Löcher: Das alles fliegt viel zu schnell auf sie zu, als dass sie sich eine Lösung für jedes Problem erarbeiten können.

Das Idealbild zeichnet in diesen Tagen Kristoffersen. Der 21-Jährige drückt den Ski an jedem Tor kurz in den Schnee, er arbeitet bereits am nächsten Schwung, wenn die Konkurrenz mit dem vorherigen beschäftigt ist. "Er probiert, aus jedem Schwung alles rauszuholen, mit dem ganzen Körper", sagt Neureuther, der findet: "Davon kann man auch lernen." In Kitzbühel schob sich Kristoffersen trotz eines fehlerbehafteten ersten Laufs noch an die Spitze. "Was ist los?", rief er im Ziel. Es war sein fünfter Sieg im sechsten Slalom dieser Saison.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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