Diät:Wer viel Sport treibt, verbrennt nicht unbedingt mehr Kalorien

Diät: Joggen gegen die Pfunde hilft nicht immer.

Joggen gegen die Pfunde hilft nicht immer.

(Foto: Stephan Rumpf)

Eine gute Nachricht für alle Sportmuffel? Falsch gedacht.

Von Felix Hütten

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das ist manchmal ärgerlich - vor allem, wenn man's nicht ändern kann. Wissenschaftler der City University in New York haben jetzt herausgefunden: Der Körper gewöhnt sich an viel Bewegung. Mehr Sport führt deshalb nicht unbedingt zu einer schlanken Figur. Oder anders gesagt: Wer sich mehr bewegt, verbrennt nicht unbedingt mehr Kalorien.

Bevor jetzt aber der Eindruck entsteht, dass wissenschaftlich legitimiert ab sofort die Laufklamotten in den Schrank gepackt werden dürfen, bedarf es einer Erklärung.

Herman Pontzer, der Hauptautor der Studie, untersuchte die Hadza, eine Volksgruppe in Tansania. Die Menschen leben von der Natur, sie sind viel auf der Jagd, kurzum: Anders als der vor dem Bildschirm verhaftete Europäer bewegen sich die Hadza sehr viel.

"Das war eine Überraschung"

Doch erstaunlicherweise haben diese Menschen einen ähnlichen Energiebedarf wie Europäer und US-Amerikaner. "Das war eine Überraschung", sagt Pontzer. Bislang waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass mehr körperliche Bewegung auch mehr Energie verbraucht.

In einer Studie mit 332 Probanden konnten Pontzer und sein Team den Verdacht erhärten, dass sich der Energiebedarf des Menschen bei viel Bewegung auf einem konstanten Plateau einstellt. Ergo: Leistungssportler müssen zwar mehr futtern als Leistungs-Dschungelcamp-Glotzer - aber eben nicht proportional zu ihrer physischen Leistung.

Die Ergebnisse der Studie, die am Donnerstag in der Fachzeitung Current Biology erschienen ist, veranlassen die Forscher zu einer These: Der Körper scheint sich an hohe Leistungen anzupassen. Der Stoffwechsel und die Muskulatur stellen sich womöglich auf die hohen Anforderungen ein.

Zusätzliche Diät

Herman Pontzer ist sich bewusst, dass seine Ergebnisse als ultimative Rechtfertigung für alle Sportmuffel verstanden werden könnten. Doch falsch gedacht: "Sport ist extrem wichtig für die Gesundheit. Das ist das Erste, was ich antworte, wenn jemand nach dieser Studie fragt. Unsere Ergebnisse ändern daran nichts", gibt der Wissenschaftler zu bedenken.

Die Untersuchung könnte allerdings ein anderes Phänomen erklären. Wenn Menschen mit einem Work-Out-Programm starten, nehmen sie zunächst ab. Nach ein paar Monaten scheint der Gewichtsverlust trotz abendlicher Joggingrunde aufzuhören. Um das zu verhindern, reicht ein simpler Trick: Zusätzlich zum Sport ein bisschen weniger Schokolade und Pommes essen. "Unsere Arbeit zeigt, dass man ebenso eine Diät im Blick haben sollte", sagt Pontzer.

Frankie Phillips, Sprecherin der britischen Diät-Organisation, sieht die Ergebnisse der Studie mit Sorge. "Wenn man sehr, sehr viel Sport macht, ist so eine Anpassung vielleicht möglich. Die meisten Menschen mit wenig Bewegung erreichten diesen Punkt aber nicht", sagt Phillips. "Wir sollten sie nicht vom Sport abhalten, bevor sie überhaupt damit anfangen."

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