FC Bayern:Taşçı soll die Lücken füllen

Serdar Tasci

181 Bundesliga-Spiele für den VfB Stuttgart, 14 Länderspiele für Deutschland, und vor allem: Innenverteidiger. Serdar Taşçı kommt zum FC Bayern.

(Foto: Bernd Weissbrod/dpa)
  • Nach den Ausfällen von Jérôme Boateng und Javier Martínez mangelt es dem FC Bayern an Innenverteidigern.
  • Nun leiht der Klub den früheren deutschen Nationalspieler Serdar Taşçı von Spartak Moskau aus.
  • Im Fokus steht auch Joshua Kimmich, der als flexibler Abwehrspieler überzeugt.
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Von Benedikt Warmbrunn

Humor kommt in allen Formen vor, und so sitzen am Sonntagabend zwei Männer nebeneinander, die gegensätzlicher kaum sein könnten, und beide versuchen, ihre Gefühle mit spöttischen Aussagen zu verschleiern. Was die Gegensätze zwischen ihnen nur noch stärker betont.

Im Pressezentrum der Münchner Arena sitzt zum einen Huub Stevens, Trainer der TSG Hoffenheim, im Trainingsanzug, die dünnen Haare nach hinten gelegt, den Oberkörper nach vorne gebeugt. Er antwortet in kurzen, bellenden Sätzen, manchmal auch nur mit einem Wort, er sagt es knurrend, und doch vergnügt. Stevens lässt so ganz offen, ob er mit beißender Ironie auf das Leben schaut - oder ob nicht doch er es am meisten genießt. Dann versucht sich Pep Guardiola an einem Scherz.

Guardiola entdeckt eine neue Alternative: Joshua Kimmich

Hinter Guardiola liegen am Sonntag ereignisreiche Tage, nicht nur, weil am nächsten Mittag sein Wechsel zu Manchester City verkündet wird. Er musste die Affäre über einen angeblichen Spion in seiner gegenwärtigen Elf, dem FC Bayern, moderieren, und er musste den Ausfall von gleich zwei wichtigen Innenverteidigern verkraften, von Jérôme Boateng und Javier Martínez.

Fürs Erste war ihm das ganz gut gelungen, der FC Bayern hatte Hoffenheim durch zwei Tore von Robert Lewandowski 2:0 besiegt, aber der Mangel an Innenverteidigern ist geblieben, und so sagt Guardiola, sauber geschorener Schädel, Krawatte unter dem Pullover, durchgedrückter Rücken: "Wir haben auch Manu Neuer auf dieser Position, vielleicht wird er früher oder später die Qualität dafür haben." Die letzte Zuflucht findet Guardiola am Sonntagabend also im Galgenhumor.

Auch am Montag ist Manuel Neuer beim FC Bayern weiterhin als Torwart gemeldet, was auch daran liegt, dass der Klub doch noch einen Spieler verpflichtet. Von Spartak Moskau kommt Serdar Taşçı, 181 Bundesliga-Spiele für den VfB Stuttgart, 14 Länderspiele für Deutschland, und vor allem: Innenverteidiger. In der im Dezember abgelaufenen Saison spielte er 16 von 18 Partien, beendete mit Spartak die Saison auf Platz vier. Der FC Bayern leiht den 28-Jährigen bis zum Sommer aus, besitzt dazu eine Kaufoption. "Er ist in der Lage, uns mit seiner Qualität und Erfahrung sofort zu helfen", sagt Sportvorstand Matthias Sammer.

In Taşçı sieht der Klub nicht unbedingt einen gleichwertigen Ersatz für Boateng oder Martínez, aber er sieht in ihm durchaus einen Spieler, der in einem gewöhnlichen Bundesliga-Spiel in der Abwehrreihe des FC Bayern spielen kann. Durch den zusätzlichen Innenverteidiger sichert sich der Klub auch ab gegen weitere Ausfälle, allein schon dadurch, dass Spieler wie der in den vergangenen Jahren durchaus verletzungsanfällige Holger Badstuber gelegentlich pausieren können. Taşçı soll es auch den Rückkehrern ermöglichen, sich langsam wieder einzufinden; als nächsten Innenverteidiger erwartet Guardiola in zwei bis drei Wochen Medhi Benatia zurück.

"Natürlich haben wir ein Problem", sagt Guardiola am Sonntag. "Mein Wunsch war von Anfang an, dass wir alle Spieler haben, wenn wir bei den richtig großen Spielen der Saison ankommen", fügt er hinzu, "das wird nicht passieren. Okay." Wie der Trainer das Fehlen von Boateng und Martínez eigentlich auffangen will, demonstriert er bereits vor der Taşçı-Verpflichtung, im Spiel gegen Hoffenheim.

Gutes Positionsspiel dank Kimmich

Für Boateng (oder für Martínez) steht Joshua Kimmich in der Startelf; bei eigenem Ballbesitz spielt er als Rechtsverteidiger einer Dreierkette, in den wenigen Situationen, in denen die Gäste länger als ein paar Sekunden am Ball sind, rückt Kimmich, ein gelernter Sechser, als Innenverteidiger in die Mitte, neben Holger Badstuber. Kapitän Philipp Lahm verschiebt sich vom zentralen Mittelfeld auf die Rechtsverteidiger-Position; die Viererkette komplettiert David Alaba.

Diese Formation wird von Hoffenheim kaum geprüft; ob diese Abwehr zum Beispiel im Champions-League-Achtelfinale gegen Juventus Turin Ende Februar bestehen kann, bleibt fraglich. Guardiola zumindest lobt ein "gutes Positionsspiel". Dass dieses so gut funktioniert, liegt auch ganz entscheidend an Kimmich.

Mario Götze kehrt wieder ins Mannschaftstraining zurück

Der 20-Jährige hat in seiner ersten Saison beim FC Bayern schon auf zahlreichen Positionen gespielt, einmal sogar auf Rechtsaußen und als Linksverteidiger. Guardiola schätzt seine Übersicht, seine Ruhe, seine Zuverlässigkeit. Gegen Hoffenheim verliert Kimmich zwar vor der größten Chance der Gäste ein Laufduell gegen Andrej Kramaric; doch der Fehler wurde zuvor im Mittelfeld gemacht.

Ansonsten unterbindet Kimmich zweimal einen Gegenangriff der Gäste, sein Passspiel lebt von Übersicht, Ruhe, Zuverlässigkeit, 85 Prozent seiner Zuspiele kommen an. In der Woche zuvor hatte Guardiola Kimmich im Training in der Innenverteidigung eingesetzt, auch nach dem ersten Praxistest ist er zufrieden. "Joshua hat gezeigt, er hat die Qualität", sagt der Trainer, "er ist ein schneller Spieler, er ist kopfballstark, er ist intelligent, er vertraut unseren Ideen." Guardiolas Fazit: "Er ist ein süßer, süßer Junge."

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